Die GEW Hamburg äußert sich kritisch zur neuen Richtlinie zur Vermeidung von Unterrichtsausfall und zur Organisation von Vertretungsunterricht. Während das Ziel, Vertretungsunterricht als qualitativ hochwertigen und integralen Bestandteil des regulären Fachunterrichts zu gestalten, grundsätzlich begrüßt wird, bleibt die zentrale Herausforderung ungelöst: der gravierende Mangel an fachlichen Ressourcen.
„Es ist ein richtiger Schritt, Vertretungsunterricht als Fortsetzung des Fachunterrichts zu begreifen und entsprechend zu gestalten. Doch dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn ausgebildete Lehrkräfte die Vertretung übernehmen“, erklärt Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg. „Ein nachhaltiger Lernprozess der Schüler*innen erfordert Fachkräfte sowie ein fundiertes pädagogisches Vertretungskonzept. Ohne sie bleibt die Umsetzung reine Theorie.“
Die GEW kritisiert insbesondere die starke Betonung des Einsatzes digitaler Werkzeuge und Lernplattformen. Diese seien zwar ein potenziell unterstützendes Element, aber in vielen Schulen weder flächendeckend verfügbar noch pädagogisch ausreichend durchdacht oder datenschutzkonform. Quiring ergänzt: „Der Nutzen digitaler Werkzeuge setzt nicht nur die technische Ausstattung voraus, sondern auch ein mit dem Kollegium abgestimmtes pädagogisches Konzept. Aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass viele Lehrkräfte die Anforderungen der Digitalisierung in der Schule als zusätzlichen Stressfaktor empfinden, der ihre Arbeitsbelastung weiter erhöht.“
„Digitale Last statt Entlastung“
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Frage nach der Qualifikation des pädagogischen Personals, das in der Richtlinie als Lösung für den Vertretungsunterricht herangezogen wird. Die GEW betont, dass nur ausgebildete Lehrkräfte die formulierten Qualitätskriterien – wie Kompetenzzuwachs bei Schüler*innen und die Nutzung geeigneter Lernmanagementsysteme – erfüllen können.
„Andere Formen der Vertretung, etwa durch pädagogische oder therapeutische Fachkräfte, führen meist nur zu einer Beaufsichtigung der Schüler*innen bei der Erfüllung ihrer Lernaufgaben und nicht zu qualitativem Unterricht“, so Quiring. Abgesehen davon, dass das pädagogisch-therapeutische Fachpersonal sich nur gegenseitig vertreten soll und nur im absoluten Notfall bei Unterrichtsausfall als Vertretung eingesetzt werden darf, verzerrt diese Praxis auch die Statistik: Während pädagogische und therapeutische Angebote ausfallen und die Arbeit der Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen und Therapeut*innen liegen bleibt, dies aber statistisch nicht erfasst wird, gilt der ausgefallene Unterricht als gegeben.
„Die Krankheitszahlen bei den pädagogischen Fachkräften steigen und der Unterrichtsausfall, den wir auffangen, bleibt unsichtbar“, ergänzt Daniel Heitmann, Sprecher der Fachgruppe des pädagogischen und therapeutischen Fachpersonals an Schulen (PTF). „Hier hat die BSB ein wichtiges, mögliches Instrument zur Evaluation der hohen Fehlzeiten abgeschafft!“
"Streichung verstärkt Missbrauch von Fachkräften"
Die GEW Hamburg fordert deshalb eine umfassende Strategie zur Lösung des Problems fehlender fachlicher Ressourcen. „Die vorliegende Richtlinie bietet keine nachhaltigen Antworten auf die Herausforderungen, die seit Jahren bestehen. Ohne ausreichende personelle und materielle Ressourcen bleibt jede Regelung ein Stückwerk“, resümiert Quiring.
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