Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat in der letzten Woche entschieden, dass etliche der Arbeitszeitänderungen für Gymnasiallehrkräfte in Niedersachsen verfassungswidrig sind. Das Urteil liegt naturgemäß noch nicht ausformuliert vor. Soweit man der Presse entnehmen konnte, ging es in erster Linie um die Erhöhung der Pflichtstunden für Gymnasiallehrkräfte um eine Unterrichtsstunde und die Entlastung von Schulleitern.
Die folgenden Anmerkungen beruhen auf der Berichtserstattung in der Presse. Das Urteil liegt noch nicht vor.
Gründe des Gerichts
Das Gericht hat nicht festgestellt, dass die neue Pflichtstundenzahl zu hoch ist, sondern dass die niedersächsische Landesregierung die Pflichtstunden erhöht hat ohne die Arbeitszeit der Lehrkräfte, ihre Belastung und ihre Unterrichtsverpflichtung genauer zu prüfen.
Bislang haben die Gerichte immer entschieden, dass der Dienstherr die Pflichtstunden im billigen Ermessen festlegen kann. Nun hat vor einigen Wochen das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Dienstherr bei der Festsetzung der Richterbesoldung dies nicht „einfach so“ machen darf, sondern dazu verschiedene Parameter vorher überprüfen muss. Solche Parameter sind: Struktur der übrigen Besoldung, Lebenshaltungskosten, Einkommen vergleichbarer Beschäftigter außerhalb des öffentlichen Dienstes und einige mehr).
Prüfung der Arbeitsbedingungen nötig
Diesen Grundsatz hat das OVG Lüneburg auch auf die Arbeitszeit der Lehrkräfte übertragen. Ohne genauere Prüfung der Arbeitsbedingungen, der Belastungen, dem Umfang der Aufgaben insgesamt im Verhältnis zur Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten allgemein darf der Dienstherr die Unterrichtsverpflichtung nicht einseitig festlegen. Wenn er die Parameter geprüft hat, dann darf er die Aufgabe festlegen. Danach könnte ein Gericht überprüfen, ob die Festsetzung korrekt ist. Letzteres ist sehr schwierig, die GEW Niedersachsen hat dazu einen Forschungsauftrag vergeben. Darüber wurde auf unserem Gewerkschaftstag referiert.
Hamburger Arbeitszeitregelung und das Lüneburger Urteil
Nach dieser Entscheidung kommt der Hamburger Arbeitszeitregelung eine ganz neue Bedeutung zu. Hamburg hat nämlich genau diese Anforderung erfüllt, in dem sie eine Arbeitszeitkommission die Arbeitszeit hat bewerten lassen. Dass uns das Ergebnis nicht befriedigt, ist unumstritten. Nach unserer Auffassung hat die Behörde eine falsche Bewertung vorgenommen.
Für die Praxis bedeutet das, dass sich in Hamburg die Lage nach dem Urteil aus Lüneburg nicht geändert hat. Eine neue Rechtslage ist nicht entstanden+, weil Hamburg die Anforderungen des Gerichts zumindest formal erfüllt hat. Die Behörde hat vorher die Arbeitsbedingungen analysiert. Der Hamburger Gewerkschaftstag der GEW hat deshalb auch beschlossen, die Arbeitszeitfrage in Hamburg politisch – argumentativ zu bearbeiten und konkrete Forderungen aufgestellt (siehe hier).
Andreas Hamm, Leiter der Landesrechtsschutzstelle
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