Die „DV Ganztag“[1] ist inzwischen in aller Munde, leider viel zu spät. Unterschrieben wurde sie am 18.11.16. Jetzt gilt es, zuerst die Gestaltungsspielräume zu erkennen, die sie bietet, und sie dann in den GTS-Schulen anzuwenden. Es gibt leichtere Aufgaben!
Die Aufregung ist groß. Neben breiter Zustimmung gibt es lautstarke Ablehnung. Die Aufregung ist teilweise so groß, dass die Öffnungsklausel in der Präambel übersehen wird. Diese Dienstvereinbarung (DV) vollständig in die Praxis umzusetzen, wird ein längerer und mühevoller Prozess sein. Am Ende werden jedoch alle feststellen: Es hat sich gelohnt, es geht allen besser.
Die DV regelt im Einzelnen:
- Als geplante Unterrichtszeit werden täglich sechs und einmal in der Woche sieben Stunden erlaubt. Ausnahmsweise dürfen Schulleitungen in einem Schuljahr eine Kollegin/einen Kollegen zweimal pro Woche mit sieben Unterrichtsstunden planen. Dann dürfen diese Lehrkräfte im Folgejahr jedoch an keinem Tag mit sieben Stunden geplant werden. Einvernehmlich kann davon abgewichen werden.
- Unterricht der Lehrkräfte außerhalb des Grundunterrichts nach Stundentafel wird einheitlich mit dem Faktor 1,3 erteilt. Unterricht ist jede Tätigkeit von Lehrkräften, die nicht allgemeine (A) oder funktionsbezogene (F) Aufgabe ist!
- Wöchentlich werden vier Lückenstunden erlaubt. Der Zeitraum von Mittagspausen der Lehrkräfte, der über 90 Minuten wöchentlich hinausgeht, wird auf die Lückenstunden angerechnet. Einvernehmlich kann davon abgewichen werden.
Konferenzen dürfen gelegentlich bis 18 Uhr dauern, wenn die einzelnen Lehrkräfte nicht häufiger als sechsmal im Schuljahr teilnehmen müssen. „Gelegentlich“ bedeutet, dass eine besondere Notwendigkeit vorliegt. Die Dienstvereinbarung stellt einen Kompromiss zwischen Behörde und GPR dar. Der GPR konnte mitnichten seine Forderungen zu 100% durchsetzen. Ohne Kompromiss hätte es aber gar keine DV gegeben. Dazu gehört, dass sie derzeit noch nicht für Gymnasien als Ganztagsschulen besonderer Prägung gilt. Zweierlei sei an dieser Stelle betont:
- Die Dienstvereinbarung ist an allen GTS-Schulen umsetzbar. An der Verhandlung waren Schulleitungen aller drei allgemeinbildenden Schulformen (außer Sonderschulen) beteiligt. Übereinstimmend bestätigten sie: Das ist planbar!
Planbar bedeutet dabei nicht, dass es einfach ist. An einigen Schulen müssen z.B. die Mittagspausen anders organisiert werden. Dabei muss aber klar sein, dass die Mittagspausen der Lernenden nicht den Pausen der Lehrkräfte entsprechen müssen. Genau diese Unterscheidung ermöglicht aber eine ganz andere Planungen der Arbeitszeit der Kolleginnen und Kollegen! - Die Dienstvereinbarung gilt und ist an den Schulen umsetzen. Sie gilt für alle Ganztagsschulen „nach Rahmenkonzept. Es mag an einigen Schulen Umstände geben, welche verhindern, dass die Dienstvereinbarung zum 1. Februar bereits vollständig umgesetzt werden kann. In diesen besonderen Fällen würden „dringende schulische Organisationsnotwendigkeiten“ die vollständige Anwendung der DV Ganztag im Sommerhalbjahr verhindern. Für die Planung des Schuljahres 2017/18 gilt dieses aber nicht mehr — zum 1. August muss die Dienstvereinbarung vollständig umgesetzt sein! Die GEW erwartet jedoch, dass auch an diesen Schulen die gröbsten Härten bereits zum 1. Februar abgestellt werden.
Die GEW ist erfreut darüber, dass die Behördenspitze den Abschluss dieser DV befördert hat. Wir be-grüßen den erklärten Willen der Behördenleitung, die DV zügig umzusetzen. — Wo notwendig, wird die GEW alle Kolleginnen und Kollegen, alle Personalräte und auch die Schulleitungen unterstützen.
Hintergrund
In den vergangenen Jahren wurden die meisten Hamburger Schulen in Ganztagsschulen umgewandelt, also in Schulen mit benotetem Unterricht auch am Nachmittag und zusätzlichen pädagogischen Angeboten. Bei der Ausgestaltung des Ganztages war nicht selten das Konkurrenzprinzip handlungsleitend. Die Stadtteilschule steht in Konkurrenz zum benachbarten Gymnasium und zur Stadtteilschule im vermeintlich besseren Nachbarviertel, die Grundschule wird zur GTS-Ganztagsschule, denn die GBS-Schule gibt’s um die Ecke schon, und wer zweimal nicht dreizügig ist, fliegt aus dem Spiel. Viele Schulleitungen hatten bei der Planung ihres Ganztagskonzepts durchaus die Interessen der Beschäftigten im Blick, aber beileibe nicht alle. Das ist auch kein Wunder. Ein Ganztag, der den Eltern gefällt, ist unter den gegebenen Umständen anders als einer, bei dem das Wohl der Kolleginnen und Kollegen im Vordergrund steht.
Die Arbeitstage wurden länger durch die notwendigerweise nun einzuplanende Mittagspause, die in den späten Nachmittag verschobenen Konferenzen, an vielen Schulen aber auch durch unnötige Vermehrung der Lückenstunden (auch Frei- oder Springstunden genannt) auf bis zu unerträgliche elf pro Woche. Unnötig ist diese Vermehrung nachweislich deshalb, weil es Schulen mit verantwortungsvollen Stundenplanerinnen und Stundenplanern gibt, denen es gelang, die Zahl der Lückenstunden nicht zu erhöhen.
Weitere Folge war, dass einige Schulleitungen sich bei der Faktorisierung der unterrichtlichen Ganztagsangebote (nicht zu verwechseln mit benotetem Nachmittagsunterricht nach Stundentafel!) über die Lehrerarbeitszeitverordnung hinwegsetzten. Das heißt, der Schule werden für den Einsatz der Lehrkräfte im Ganztag zwar seit jeher Stunden mit dem Ganztagsfaktor 1,3 zugewiesen, die Schulleitungen geben diesen Faktor aber nicht an die Kolleginnen und Kollegen weiter, sondern faktorisieren freihändig mit 1,0, 0,8 oder sogar mit 0,75 WAZ. Da wird selbst der Gang von der Klasse zum Lehrerzimmer auf wundersame Weise zu unbezahlter Freizeit, die Schule hat freie Ressourcen geschaffen für zusätzliche Nachmittagskurse und bekommt so einen exzellenten Ruf in der örtlichen Elternschaft, dem mit diversen Schulpreisen höhere Weihen verliehen werden. Auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer.
Der Gesamtpersonalrat (GPR) konnte nun endlich mit der Behörde eine Dienstvereinbarung abschließen, mit der diese Missstände beseitigt oder zumindest eingehegt werden.
Foto: © Karl-Heinz Laube / www.pixelio.de
[1] Zu finden im Anhang oder unter gpr.hamburg.de
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