Überfüllte Gruppen, unzureichende Räume und wenig Fachpersonal führen dazu, dass Kinder sich von den Erzieher*innen nicht gehört und auch nicht wahrgenommen fühlen. Kinder brauchen Erzieher*innen, die sie ernst nehmen und sie den Kita-Alltag mitbestimmen lassen. Durch den Fachkräftemangel wird der Kita-Alltag jedoch fremdbestimmt und entfernt sich immer weiter vom offenen, selbstbestimmten Konzept.
Kinder haben ein Recht auf Mitbestimmung - aber wie soll das umgesetzt werden, wenn der Kita-Alltag allein durch die Verfügbarkeit von Personal bestimmt wird? Um echte Partizipation gewährleisten zu können, braucht eine Kita ausreichend Personal, damit Mitbestimmung stattfinden kann. Die Erzieher*innen tragen die Verantwortung dafür, dass Kinder in den frühen Jahren ihrer Entwicklung die entscheidenden Lernschritte gehen können und dies bei angemessenem Einsatz von Ressourcen: Personal, Zeit, Material, Finanzen etc.
Hohe Berufsidentifikation
Erzieher*innen haben einen hohen Anspruch an ihre Arbeit, denn sie identifizieren sich mit ihrem Beruf. Umso wichtiger ist ihnen ein sicherer, respektvoller und wertschätzender Arbeitsalltag. Dieser muss unter anderem durch einen umfassenden Gesundheitsschutz gewährleistet werden.
Erziehung und Bildung erfordern ein zielgerichtetes Handeln der Fachkräfte, das sich an der Entwicklung und am Verhalten der Kinder orientiert. Kinder lernen mit „Kopf, Herz und Hand“, indem sie sich die Welt aktiv aneignen. Ohne ausreichend qualifiziertes Personal fehlt ihnen jedoch die Unterstützung, diese Welt überhaupt zu entdecken.
Die persönliche Leistungsgrenze ist erreicht
Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung waren Kita-Beschäftigte in Hamburg im vergangenen Jahr mehr als 33 Tage krank. Die Studie zeigt, wie erschöpft die Fachkräfte sind. Sie haben ihre persönliche Leistungsgrenze erreicht. Die psychischen Belastungen nehmen stetig zu, ein erhöhter Krankenstand führt zu noch mehr Druck und Mehrbelastung für die verbleibenden Fachkräfte. Der Arbeitsalltag ist geprägt von Stress, Zeitdruck und Lärm.
Der Erzieher*innenberuf braucht eine Professionalisierung, denn Erzieher*innen besitzen Fach- und Expertenwissen in pädagogischen, psychologischen und medizinischen Anwendungsbereichen.
Die Aufgabe der Erzieher*innen ist es, sich um die Kinder zu kümmern, d.h. für ihr Wohl zu sorgen und ihre Interessen zu vertreten, ihnen Zuwendung und emotionale Wärme zu geben. Dieser Arbeitsauftrag kann von den Fachkräften unter den gegebenen Bedingungen nur sehr schwer erfüllt werden. Dies führt zu einem inneren Bruch mit dem Erzieherberuf. Viele können sich nicht mehr mit ihrem Beruf identifizieren und entscheiden sich schließlich für eine berufliche Neuorientierung.
Belastungsfaktoren müssen minimiert werden
Deshalb unser Appell an die Verantwortlichen: Minimieren Sie die Belastungsfaktoren und schaffen Sie Bedingungen, unter denen die Erzieher*innen ihre wichtige Aufgabe wieder angemessen erfüllen können. Die Träger können sich ihrer Verantwortung nicht entziehen, denn schließlich sind sie an der Umsetzung definierter Werte interessiert und haben nicht nur wirtschaftliche, sondern auch pädagogische und soziale Ziele umzusetzen.
Machen Sie die Kita zu einem Lernort, wo Kinder und Erzieher*innen gerne hingehen.
Varsenik Vardanyan, Referentin für Kinder- und Jugendhilfe und TV AVH
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Foto: Thomas Breher auf Pixabay