Das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) gerät nicht aus den Schlagzeilen. Zuletzt gab es wieder Verwirrung um die Transparenz der Verhandlungen: Die EU-Kommission wollte Berichte nicht mal mehr an verantwortliche Politiker der EU-Mitgliedsstaaten verschicken. Erst nach Protesten ruderte sie zurück.
Über Dokumente und Pläne der US-Seite wird die Öffentlichkeit ohnehin nach wie vor nicht informiert. Zeitungsartikel und inoffizielle Berichte machen aber deutlich: An besseren Regeln scheinen die USA kein Interesse zu haben. Sie zeigen keine Bereitschaft, alle acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu ratifizieren. Diese menschenrechtsähnlichen Regeln garantieren beispielsweise das Recht, sich in Gewerkschaften zu organisieren und Kollektivverhandlungen zu führen. Auch bei den umstrittenen Sonderklagerechten für Investoren (ISDS) ist keine Bewegung erkennbar. Laut Zeitungsberichten werden selbst die Reformvorschläge aus Europa, die Angriffe auf sinnvolle staatliche Regulierung zumindest erschweren würden, von den USA nicht akzeptiert.
Insgesamt gehen die TTIP-Verhandlungen nach wie vor in die falsche Richtung und auch beim Abkommen mit Kanada (CETA) sind keine Verbesserungen in Sicht. Die Abkommen zielen weiter einseitig auf mehr Wettbewerb und Deregulierung. Das Ziel, gerechte Regeln für den Welthandel zu schaffen, bleibt im Hintergrund. Fairer Handel geht anders! Deshalb ruft der DGB gemeinsam mit vielen weiteren Organisationen jetzt zu einer Großdemonstration am 10. Oktober in Berlin auf. Das Motto: „TTIP & CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel!“ (siehe www.ttip-demo.de ).
Denn auch für die Beschäftigten steht zu viel auf dem Spiel – wenn etwa Errungenschaften des Sozialstaats unter Konkurrenzdruck geraten und nur noch als Kostenfaktor gesehen werden. Diese Befürchtung ist begründet: Das deutsche Arbeitszeitgesetz begründet Ausnahmen beim Verbot der Sonntagsarbeit beispielsweise schon heute mit schwächeren Arbeitszeit-Regeln im Ausland und dem drohenden Verlust der „Konkurrenzfähigkeit“. Bevor Märkte liberalisiert werden, muss also fairer Wettbewerb sichergestellt sein. Deshalb braucht es stärkere Arbeitnehmerrechte – auch in den USA, wo es kaum Kündigungsschutz und Urlaubsanspruch gibt.
Die Risiken von TTIP sind groß. Die Chancen eher gering. Entgegen mancher Behauptung ist TTIP kein Jobmotor: Selbst optimistische Studien zeigen, dass langfristig in Deutschland nur rund 25.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen würden. Angesichts von fast 43 Millionen Erwerbstätigen ist das sehr wenig. Ein Grund dafür: Handelsbarrieren zwischen EU und USA sind bereits heute weitgehend abgebaut. Der transatlantische Handel funktioniert auch ohne TTIP gut.
Der internationale Handel ist wichtig – gerade für ein exportorientiertes Land wie Deutschland. Aber er ist kein Selbstzweck. Seine Vorteile müssen gerecht verteilt sein. Dazu braucht es Regeln! Dafür und gegen einen Wettlauf nach unten bei Arbeitnehmerrechten gehen die Gewerkschaften am 10. Oktober auf die Straße.
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