Nach dem Streit um die Bayreuther Erklärung geht es auch um den Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken: Die GEW wirft den Uni-Kanzlern vor, die Mittel nicht für Dauerstellen einzusetzen. Die Kanzler sehen das Geld noch nicht bei sich angekommen.
Nach der Bayreuther Erklärung zu befristeten Beschäftigungsverhältnissen sowie der harschen Kritik der GEW an dem Positionspapier bleiben die Fronten zwischen Uni-Kanzlerinnen und -kanzlern und der Gewerkschaft verhärtet. Während sich der Bundessprecher der Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der deutschen Universitäten, Dieter Kaufmann, von der Bildungsgewerkschaft missverstanden fühlt, wirft Hochschulexperte Andreas Keller den Hochschulleitungen in einem Streitgespräch auf dem Blog des Bildungsjournalisten Jan-Martin Wiarda vor, ihre Möglichkeiten für Dauerstellen nicht zu nutzen.
Im Mittelbau gebe es eine Befristungsquote von 90 Prozent, Zeitverträge hätten überwiegend eine Laufzeit von unter einem Jahr, kritisierte Keller erneut. „Bund, Länder und sogar die Hochschulrektorenkonferenz haben mittlerweile anerkannt, dass die Befristungen aus dem Ruder gelaufen sind und dringender Korrekturbedarf besteht.“ Dass die Kanzlerinnen und Kanzler in diesen sich abzeichnenden hochschulpolitischen Konsens ihre Erklärung abgegeben hätten, sei „eine bewusste Provokation“.
Kaufmann gab die Schuld an der Befristungspraxis an die Politik weiter: Mehr als 50 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wissenschaftlichen Dienst würden über Drittmittelprojekte finanziert. „Das ist ja nicht so, weil uns diese Form der Finanzierung besonders viel Spaß macht, sondern weil wir von der Politik durch die föderale Finanzierungslogik in einen Wettbewerb um Drittmittel hineingetrieben worden sind.“
Dieses Argument ließ der GEW-Vize nicht gelten: Die Politik habe jüngst den Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken beschlossen, damit die Länder und damit die Hochschulen mehr dauerhaftes Geld statt befristeter Pakte erhielten. Im Gegenzug verlangten Bund und Länder von den Hochschulen, dass diese mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse schafften. Die Hochschulen verfügten trotz aller begrenzten Mittel über ausreichend Autonomie, vernünftig mit Befristungsmöglichkeiten umzugehen. „Die Kanzlerinnen und Kanzler könnten zum Beispiel einen Überbrückungsfonds aufbauen, der einspringt, wenn ein Drittmittelprojekt beendet ist und ein neues, in das eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter wechseln könnte, noch nicht begonnen hat.“
Kaufmann wertete den Zukunftsvertrag dagegen als noch viel zu unklar, um auf dessen Basis eine aktive Personalpolitik zu betreiben. „Die Erfahrung lehrt mich, dass die Länder nicht in allen Fällen die Mittel eins zu eins an die Hochschulen weitergeben, die sie vom Bund bekommen“, sagte Kaufmann. So lange eine mögliche Dauerfinanzierung nicht an den Universitäten angekommen sei, könnten diese auch nicht mehr Dauerstellen zusagen. Die von der GEW monierte Befristungsquote von 90 Prozent und Laufzeiten von weniger als einem Jahr wies er zudem als nicht aktuell zurück. Diese Zahlen stammten aus der Zeit vor der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, deren Evaluation noch nicht vorliege.