Vor den Sommerferien wurde der „Bericht der Kommission zur Begutachtung der Fakultät für Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg 2017“ vorgestellt. In diesem geht es, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Reform der LehrerInnenbildung in Hamburg, um die „Weiterentwicklung“ der Fakultät. Neben einigen positiven Aspekten finden sich in dem Bericht auch höchst problematische Vorschläge, die sogar teilweise gesetzlichen Vorgaben widersprechen.
Positiv ist, dass die Kommission das bereits mehrfach auch von der Fakultät monierte strukturelle Defizit der Ausstattung anerkennt und mit eigenen Berechnungen bestätigt. So heißt es, dass der Personalhaushalt „sowohl angesichts der kapazitätsrelevanten Stellenstruktur als auch des tatsächlich beschäftigten wissenschaftlichen Personals für die Erfüllung der nach der Kapazitätsvereinbarung zwischen Land und Hochschule geforderten Lehrleistungen strukturell unterausgestattet [ist]. Die Unterfinanzierung beläuft sich bei Zugrundelegung der kapazitätsrelevanten Stellenstruktur auf mindestens 1,3 Millionen Euro jährlich“ (Bericht der Kommission, S. 20).
Überhaupt nicht nachzuvollziehen ist der Vorstoß der Kommission, unter Missachtung gesetzlicher Vorgaben unbefristete Beschäftigungsverhältnisse als Regelfall zu definieren. Sie rät bei „der Besetzung von Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter/-innen mit erhöhten Lehraufgaben […] mit aller Dringlichkeit davon ab, dem Wunsch der Fakultät EW, diese Stellen dauerhaft zu besetzen […], zu folgen“ (Bericht der Kommission, S. 40 f.). Dies widerspricht jedoch sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch den Vereinbarungen, die im Rahmen der AG Code of Conduct zwischen Behörde, Hochschule und Gewerkschaften vereinbart wurden. Im Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG) heißt es eindeutig: „Soweit überwiegend Daueraufgaben in Forschung oder Lehre wahrgenommen werden, die nicht der Qualifizierung der oder des Beschäftigten dienen, sind hierfür Stellen zur unbefristeten Beschäftigung vorzuhalten“ (HmbHG § 28, 3). Dass die Kommission hier einen Rechtsbruch vorschlägt, ist eigentlich nur mit fehlender Kenntnis der Rechtgrundlagen zu erklären und sollte von ihr revidiert werden.
Ebenso unverständlich ist die Aussage der Kommission, dass „die Landesregierung den Empfehlungen der Lehrerbildungskommission […] voraussichtlich im Kern folgen werde“ (Bericht der Kommission, S. 11), da dies den aktuell laufenden Prozess der Abgabe von Stellungnahmen und verschiedener Anhörungen mit dem Ziel, die Empfehlungen weiterzuentwickeln, wiederspricht.
Beim Thema Personalstruktur gibt es Licht und Schatten. Positiv aus Sicht des Mittelbaus ist zu werten, dass die Zahl der DoktorandInnenstellen, der Stellen für wissenschaftliche MitarbeiterInnen mit ausschließlicher Lehrtätigkeit sowie der Postdoc-Stellen eher erhöht werden soll, jedoch auf Kosten der ProfessorInnen-Stellen. Ein Strukturvorschlag wird jedoch nur für die ProfessorInnen gemacht. Die wissenschaftlichen MitarbeiterInnen mit ausschließlicher Lehrtätigkeit erbringen jedoch mehr Lehrleistung als die ProfessorInnen (nach dem Vorschlag) – da sollte es auch für diese eine Strukturplanung in der Fakultät geben. Die Zuordnung der MitarbeiterInnenstellen nach leistungsbezogenen Kriterien ist kritisch zu bewerten, zumal nicht klar ist, dass eine gute Betreuung dabei Grundvoraussetzung ist. Mit der Forderung, den Anteil der Lehraufträge auf 20% der Lehre insgesamt zu begrenzen, wiederholt die Kommission eine Vorgabe aus dem Code of Conduct-Prozess, der zu begrüßen ist. Ziel muss jedoch sein, kurzfristig die Lehrbeauftragten-Sätze zu erhöhen – wie ebenfalls von der AG Code of Conduct auf den Weg gebracht – und mittelfristig in reguläre Stellen umzuwandeln.
Zum Fachbereich 3: Berufliche Bildung
Der Vorschlag des Baumert-Gutachtens sieht vor die Didaktiken der DREI beruflichen Fachrichtungen „Gesundheit“, „Kosmetik“, „Ernährungs- und Hauswirtschaft“ nur noch durch EINE W1-Stelle „Berufspädagogik, insb. Personenbezogene Dienstleistungen“ zu vertreten (bisher zwei W2-Prof.) und weicht damit von dem KMK-Standard für die LehrerInnenbildung ab, demgemäß die Unterrichtsfächer in der LehrerInnenbildung jeweils durch EINE angemessen ausgestattete Fachdidaktikprofessur vertreten sein sollen (gemäß KMK entsprechen die beruflichen Fachrichtungen den Fächern in den anderen Lehrämtern).
Es ist uns nicht nachzuvollziehbar, weshalb die vorgesehene Professur für die Didaktik der Personenbezogenen Dienstleistungsberufe (die es in dieser „Bündelung“ gar nicht gibt) lediglich als W1-Professur ausgestattet werden soll. Dies wird dem breiten Aufgabenspektrum mit der in diesem Bereich geforderten Koordinierungsfunktion von drei besonders großen beruflichen Fachrichtungen nicht gerecht. Die beruflichen Fachrichtungen Ernährung- und Haushaltswissenschaft stehen im Hinblick auf eine Neuausrichtung auf Gastronomie und Berufe der häuslichen Pflege vor großen konzeptionellen Herausforderungen. Die Ausschreibung auf W1-Niveau widerspräche zudem auch dem Sinn einer Juniorprofessur als einer befristeten Qualifizierungsstelle.
Bemerkenswert ist, dass diese zusätzliche Abwertung gerade in Bezug auf eine Professur erfolgt, die sich auf frauendominierte Dienstleistungsberufe bezieht (80% Frauenanteil).
Gute Forschung und Lehre braucht stabile Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen und keine Dumpinglöhne, Kettenbefristungen und Anreizsysteme.
Fachgruppe Hochschule und Forschung
Foto: Kay Herschelmann