Die Universität Hamburg hat die Verträge mehrerer wissenschaftlich Beschäftigter auf befristeten Drittmittelstellen nicht verlängert. Anlass für diese Maßnahme ist die Angst der Universität, diese Beschäftigten könnten einen rechtlichen Anspruch auf eine Entfristung geltend machen.
Diese Praxis der Nicht-Weiterbeschäftigung wird von der Universität seit längerem verfolgt, wie auch eine Anfrage der Linken zum Thema „Beschäftigungsverhältnisse in Drittmittelprojekten an der Universität Hamburg“ (Ds 21/13368) deutlich macht. In dieser wird eingestanden, dass in vielen Fällen keine Weiterbeschäftigung erfolge, „da keine rechtssichere Befristungsmöglichkeit mehr bestand. […] Insoweit können Beschäftigte regulär Rechtsschutz vor den Arbeitsgerichten suchen.“
"Erfolgreiche Forscherinnen und Forscher, die mit ihrer Arbeit zum Renommee der Universität beitragen, werden vor die Tür gesetzt. Anlass ist eine diffuse Angst des Kanzlers vor unbefristeter Beschäftigung zu Lasten derjenigen, die sich täglich für die Uni engagieren. So handelt kein guter Arbeitgeber. Gute Arbeit hat sichere Beschäftigung verdient, und daher fordern wir die Uni auf, die Betroffenen weiter zu beschäftigen. GEW-Mitgliedern mit mehreren befristeten Arbeitsverträgen, sogenannten Kettenbefristungen, empfehlen wir, eine GEW-Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen ", kommentiert Fredrik Dehnerdt, stellv. Vorsitzender der GEW Hamburg.
Bewegung in das Befristungsunwesen bringt nun auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Dieses hat eine umstrittene Auslegung der Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) durch das Bundesarbeitsgericht gekippt. Karlsruhe hat klargestellt, dass eine sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bei demselben Arbeitgeber auch dann unzulässig ist, wenn die vorherige Beschäftigung drei Jahre oder länger zurückliegt.
„Es kommt jetzt darauf an, dass die Arbeitgeber nicht einfach auf die Wiederbeschäftigung von bereits zuvor Beschäftigten verzichten, sondern diesen nachhaltige Perspektiven eröffnen: Entweder, wie es das deutsche und europäische Arbeitsrecht als Regel vorsieht, unbefristet oder aber auf Basis eines Sachgrunds, der eine Befristung als Ausnahme rechtfertigt“, so Dehnerdt abschließend.
Hintergrund
Zwar bezieht sich die Entscheidung des BVerfG ausschließlich auf das TzBfG und nicht etwa auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), nach dessen Vorgaben an Hochschulen und Forschungseinrichtungen die meisten Arbeitsverträge befristet werden. Doch seit die Voraussetzungen für die Befristung von Arbeitsverträgen nach WissZeitVG mit der Gesetzesnovelle von 2016 strenger geworden sind, weichen mehr und mehr Wissenschaftsarbeitgeber auf die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung nach TzBfG aus.
Im Ergebnis stärkt der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts den Schutz von Beschäftigten vor Kettenbefristungen und dämmt die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen ein, deren Bekämpfung sich die GEW auf die Fahnen geschrieben hat. Offen ist, wie die vom Bundesverfassungsgericht zugelassenen Ausnahmen zu bewerten sind. Weitere Infos zum BVerfG-Urteil finden sich unter
© Foto: Dieter Schütz by pixelio.de
Anhang | Größe |
---|---|
pm-2018-06-28.pdf | 106.1 KB |