Frankfurt a.M./Berlin – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die von CDU/CSU und SPD vorgelegten Eckpunkte zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes als „Durchbruch im Kampf gegen das Befristungsunwesen in der Wissenschaft“ begrüßt. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten – diese Entwicklung schadet nicht nur den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sondern auch der Kontinuität und damit Qualität von Forschung und Lehre sowie der Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule und Forschung. Der Gesetzgeber muss endlich eingreifen und mit verbindlichen gesetzlichen Mindeststandards für faire Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft sorgen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller, am Freitag in Frankfurt a.M.
Insbesondere unterstützt die GEW das Vorhaben der Großen Koalition, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge gesetzlich vorzugeben. „Die große Zahl an Kurzeit- und Kettenarbeitsverträgen in der Wissenschaft – über die Hälfte der Zeitverträge hat eine Laufzeit von weniger als einem Jahr – ist skandalös. Es ist daher sachgerecht, die Laufzeit von Zeitverträgen an den Befristungszweck zu binden: Wer als Doktorandin, Doktorand beschäftigt wird, muss die Promotion in der Beschäftigungszeit fertigstellen können. Bei Drittmittelprojekten muss die Laufzeit der Arbeitsverträge die Laufzeit der Projekte ausschöpfen. Es kommt aber darauf an, dass die gesetzlichen Vorgaben verbindlich sind und nicht von wachsweich formulierten Ausnahmebestimmungen durchlöchert werden“, sagte Keller.
Der GEW-Hochschulexperte lobte auch die Ankündigung von Union und SPD, die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen von der Förderung der Qualifizierung abhängig zu machen. „Wer als Doktorandin, Doktorand angestellt wird, muss sich in seiner bezahlten Arbeitszeit der Doktorarbeit widmen können – sonst gibt es keinen nachvollbaren Grund für die Befristung. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz muss zu einem Wissenschaftsqualifizierungsgesetz weiterentwickelt werden“, erklärte Keller.
Enttäuscht zeigte er sich darüber, dass die Koalitionseckpunkte keine verbindliche Ausgestaltung der familienpolitischen Komponente des Gesetzes enthalten. „Heute ist es möglich, dass eine werdende Mutter auf die Straße gesetzt wird – weil es keinen Anspruch auf Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages gibt. Koalitionspolitiker beschwören das Leitbild der familiengerechten Hochschule gerne in Sonntagsreden – jetzt müssen sie es auch in Recht und Gesetz umsetzen“, mahnte Keller.
Der GEW-Vize forderte die Bundesregierung auf, umgehend einen Gesetzentwurf für die angekündigte Novelle vorzulegen. „Wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen für faire Beschäftigungsbedingungen und berechenbare Karrierewege in der Wissenschaft – besser heute als morgen. Wenn das reformierte Wissenschaftszeitvertragsgesetz wie angekündigt zum 1. Januar 2016 in Kraft treten soll, muss das Gesetzgebungsverfahren so schnell wie möglich eingeleitet werden“, betonte Keller.
Info:
Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben gestern Nachmittag bekannt gegeben, dass sie sich auf Eckpunkte zur Novellierung des 2007 in Kraft getretenen Wissenschaftszeitvertragsgesetzes verständigt haben. Grundlage der Einigung ist ein bereits im April 2015 ausgehandeltes und nun veröffentlichtes Eckpunktepapier.
Die GEW macht sich seit 2010 mit ihrer Kampagne für den „Traumjob Wissenschaft“ („Templiner Manifest“ stark. Im Januar 2015 hat sie unter dem Motto „Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindeststandards für Zeitverträge“ einen Gesetzentwurf für die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorgelegt.
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