Bürgerschafts-Antrag der SPD zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses:

GEW fordert verpflichtenden Kodex für eine gute Personalpolitik an Hochschule

„Gute Nachwuchsförderung bedeutet ja wohl nicht, junge Wissenschaftler_innen durch unbezahlte Lehraufträge oder durch ein Promovieren in der Freizeit auszubeuten, sondern ihnen Qualifikationsstellen mit Zeitanteil für die Weiterqualifizierung bereit zu stellen," stellt Fredrik Dehnerdt, zweiter stellvertretender Vorsitzender der GEW Hamburg, klar und wendet sich deutlich gegen den aktuellen Antrag der SPD-Bürgerschaftsfraktion. "Um die Rahmenbedingungen für die Lehre zu verbessern, müssen die Hochschulen materiell besser ausgestattet werden. Dabei ist das Land und nicht der Bund in der Bringschuld."

Zur Bürgerschaftssitzung am 23. Mai 2012 bringt die SPD einen Antrag „Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen“ (Drucksache 20/4150) ein, in dem die Verantwortung für das Befristungsunwesen und die mangelhafte wissenschaftliche Nachwuchsförderung dem Bund angelastet und im selben Atemzug die Hochschulen aufgefordert werden, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Forschung und Lehre einzusetzen, ohne für diese ein Beschäftigungsverhältnis vorzusehen.

"Gute Wissenschaft und gute Beschäftigungsbedingungen sowie Berufsperspektiven sind zwei Seiten einer Medaille“, so Dehnerdt. Um den Arbeitsplatz Hochschule auf Dauer attraktiv zu machen, fordert die GEW den Senat auf, mit den Hochschulen einen ‚Kodex für gute Personalpolitik‘ zu vereinbaren, in dem Mindestlaufzeiten von Zeitverträgen sowie die Einrichtung von Laufbahnen, die zu dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen führen (‚Tenure Track‘), verpflichtend festgelegt werden. „Mit speziellen Überbrückungsfonds könnten die Hochschulen Beschäftigungslücken zwischen Drittmittelprojekten schließen und so die Stabilität wissenschaftlicher Arbeit fördern“, so Dehnerdt weiter. „Auch die Hochschulen stehen in der Pflicht. In den vergangenen Jahren ist die Autonomie der Hochschulleitungen auch in Personalangelegenheiten immer weiter gestärkt worden. Jetzt müssen sie unter Beweis stellen, dass sie mit der Autonomie verantwortungsbewusst umgehen können.“

Hintergrund

Wie verschiedene aktuelle Studien zeigen, betreffen befristete Arbeitsverträge und weitere Formen unbezahlter oder prekärer Beschäftigung über 80 Prozent der wissenschaftlich Beschäftigten an den deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Darüber hinaus werden vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbstständige Forschung und Lehre und verlässliche berufliche Perspektiven verwehrt. Im Templiner Manifest – Für eine Reform von Berufsstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung (www.templiner-manifest.de) fordert die GEW, die Promotionsphase besser abzusichern, Postdocs verlässliche Perspektiven zu geben, Daueraufgaben auf Dauerstellen zu erfüllen und prekäre durch reguläre Beschäftigung zu ersetzen.