Der in der vergangenen Woche veröffentlichte Koalitionsvertrag für Hamburg liest sich an vielen Stellen wie eine Fortschreibung des Bisherigen: Begriffe wie „fortsetzen“, „weiterentwickeln“, „ausbauen“ und „erfolgreich“ prägen das bildungspolitische Kapitel. Die GEW Hamburg erkennt zwar an, dass in den vergangenen Jahren wichtige Schritte eingeleitet wurden – etwa der Ausbau des Ganztags und die Stärkung der Schulsozialarbeit. Doch die großen Zukunftsaufgaben bleiben ungelöst: echte Chancengerechtigkeit und eine spürbare Entlastung des pädagogischen Personals.
Chancengerechtigkeit: Lippenbekenntnisse reichen nicht
Im Koalitionsvertrag heißt es: „Im Mittelpunkt unseres bildungspolitischen Handelns steht weiterhin die Verwirklichung fairer und gerechter Bildungschancen für alle Hamburger Kinder und Jugendlichen“ (S. 134). Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg, kommentiert: „Neue Konzepte oder mutige Ansätze sucht man vergeblich. Bestehendes soll einfach fortgeschrieben werden. Auch wenn immerhin das Programm Startchancen über die Kofinanzierung des Bundes hinaus fortgeführt wird - ein bloßes ‚Weiter so‘ ist zu wenig! Das zeigt sich auch daran, dass das Kapitel ‚Stadt der guten Bildung‘ ganz ans Ende des Koalitionsvertrages gerutscht ist.“
Lehrerarbeitszeit: Wissenschaftliche Fakten statt Schönrederei
Zum Thema Lehrerarbeitszeit heißt es im Vertrag lediglich: „Das bewährte Lehrerarbeitszeitmodell bleibt grundsätzlich bestehen“ (S. 137). Dazu Yvonne Heimbüchel, 1. stellvertretende Vorsitzende der GEW Hamburg: „Diese Haltung von SPD und Grünen, alles sei in Ordnung, werden wir im Herbst mit wissenschaftlichen Fakten widerlegen. Erste Ergebnisse einer Studie der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen zur Ermittlung der Arbeitszeit und Arbeitsbelastungen von Lehrkräften in Hamburg zeigen bereits erhebliche Belastungen. Diese müssen ernst genommen und spürbar reduziert werden!“
Multiprofessionelle Teams: Ein Schritt in die richtige Richtung
Positiv bewertet die GEW Hamburg, dass die Schulsozialarbeit an allen Schulen fest etabliert und das Projekt der Schulgesundheitsfachkräfte verstetigt und perspektivisch ausgebaut werden soll. Bodo Haß, zweiter stellvertretender Vorsitzender der GEW Hamburg, erklärt: „Die zunehmende Multiprofessionalität an Schulen ist ein wichtiger Fortschritt. Damit diese wichtigen Stellen aber auch dauerhaft und qualifiziert besetzt werden können, braucht es konkrete Verbesserungen der Arbeitsbedingungen - und nicht nur vage Versprechungen wie eine Kampagne für ‚Gute Arbeit‘“.
Licht und Schatten
Die Verlagerung des Amtes für Familie aus der Sozialbehörde in die Zuständigkeit der Behörde für Schule und Berufsbildung wird von der GEW ausdrücklich begrüßt – Bildung aus einer Hand ist im Hinblick auf die enge Verzahnung von vorschulischer und schulischer Bildung sinnvoll. Ein Lichtblick ist auch die geplante Einführung eines Modellversuchs zur flexiblen Oberstufe sowie der Ausbau des erfolgreichen Programms "alles"könner. Die Ankündigung der Einführung einer Regelanfrage für die Einstellung in den öffentlichen Dienst wurde von DGB und GEW wiederholt kritisiert. Die GEW bleibt hier bei ihrer kritischen Haltung.
Fazit: Mut und neue Ideen sind gefragt
„Vielleicht sind diese Ansätze ein Anfang für eine mutigere und innovativere Bildungspolitik in Hamburg“, resümiert Sven Quiring. „Die Herausforderungen sind groß und verlangen echte Lösungen – ein einfaches ‚Weiter so‘ wird der Realität nicht gerecht.“
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Bild: KI-generiert mit ChatGPT/DALL·E