In seinem 100. Lebensjahr ist einer der besten Anwälte für Kinder und die Grundschule, der frühere Hamburger Lehrer und Schulrat Hermann Schwarz, verstorben.
Ich lernte Hermann Schwarz Ende der 70er Jahre im Grundschulverband und in der GEW als aktiven Streiter für die Interessen der Grundschulkinder und ihrer Lehrer*innen kennen.
In den 80er und 90er Jahren trafen wir uns auf zahlreichen GEW- Fachtagungen sowie bei politischen Anhörungen zu Grundschulfragen bundesweit. Er galt als der Experte und sein Wort hatte durchaus politisches Gewicht. Der gemeinsame Freund Hans Brügelmann erinnert ihn als einen bescheidenen Menschen, der sich nicht in den Vordergrund drängte, aber sehr aufmerksam zuhörte – bis er es einfach nicht mehr aushielt, was und wie über Kinder, über Schule, über Pädagogik geredet wurde. Dann ergriff er das Wort, sprang auf vor Empörung, auch in großen Versammlungen und verteidigte leidenschaftlich was ihm sein Leben lang wichtig war:
In einer anschaulichen Sprache setzte er sich für den Respekt vor Kindern gleich welchen Alters, für die Achtung ihrer Persönlichkeit und für die Anerkennung und stetige Verbesserung der Arbeit der Grundschullehrkräfte ein. Dabei bezog er selbstverständlich die Arbeit in den Vorschulklassen, also die Frühförderung der Kinder, mit ein.
Als ich dann 1996 aus privaten Gründen nach Hamburg zog und zur Schulleiterin der GHR-Schule Beim Pachthof gewählt wurde, stellte ich voller Freude fest, dass Hermann dort einmal Schulrat gewesen war und er und ich uns nun durchaus öfter auch persönlich treffen konnten. Das geschah zumeist in den GEW-Fachgruppensitzungen, an denen er trotz seiner inzwischen längst erfolgten Pensionierung immer noch gerne und mit erhellenden Beiträgen teilnahm. Als wir am Pachthof beschlossen, die Schule als Schulversuch in eine sechsjährige Grundschule mit einer sich anschließenden integrierten Sekundarstufe I zu verändern und dieses in langen Verhandlungen in einer Arbeitsgruppe in der Schulbehörde, in der u.a. auch die viel zu früh verstorbene Angelika Fiedler mitarbeitete, erreichten, nahm Hermann ebenfalls aktiv an diesem Prozess teil und bekräftigte immer wieder unsere Vorstellungen. Als „kritischer Freund“ beteiligte er sich sogar noch an schulinternen Lehrerfortbildungen.
Für seine klugen Ratschläge, seine aufmunternden Hinweise und seine so fröhliche Zuwendung werde ich ihm immer dankbar sein.
Dann begann die Zeit der Mitarbeit in der Initiative zum Volksbegehren für die Einführung der sechsjährigen Grundschule in Hamburg, bei der Hermann von Beginn an dabei war.
Nach dem negativen Ergebnis des Volksentscheids 2010 aber war Hermann genau wie alle anderen Mitstreiter*innen in Hamburg und bundesweit tief enttäuscht, vor allem auch darüber, dass wir am Pachthof nun einen auch von der wissenschaftlichen Begleitung als erfolgreich angesehenen Versuch abbrechen mussten.
Aus schweren gesundheitlichen Gründen war ich inzwischen in den Ruhestand gegangen und lebe bis heute aufgrund ärztlicher Empfehlung hauptsächlich in Portugal. Seitdem beschränkte sich mein Kontakt zu Hermann wieder auf Mails und Telefonate, die mir sehr viel bedeuteten und in denen wir uns weiterhin rege aus-tauschten, sofern es unsere jeweiligen körperlichen Verfassungen zuließen. Hermann war humorvoll und verschmitzt, oft hintersinnig, und ein treuer Freund. Er, der „Altmensch“, wie er sich selbst bezeichnete, der doch selbst von den Beschwernissen seines hohen Alters ganz schön in die Knie gezwungen wurde, schaffte es immer wieder, mir Mut zu machen, mich aufzumuntern, mir mit Humor und charmanten Komplimenten Freude zu bereiten. Ich war begeistert vom Engagement dieses doch so viel älteren Mannes, der immer noch, weil es ihn innerlich geradezu zwang, zu zahlreichen bildungs-politischen Anlässen, wie z.B. zur Inklusion und zur Lehrerausbildung, Stellung beziehen musste. Ich freute mich über seine pointierten Formulierungen und die feine Ironie manch politischen "Großsprechern" gegenüber. Er freute sich seinerseits darüber, dass er weder im Grundschulverband noch in der GEW vergessen wurde; die Feiern zu seinen 80. und 90. Geburtstagen empfand er als hohe Auszeichnungen und die sich in den folgenden Jahren anschließenden persönlichen Gratulationen z.B. von Anja Bensinger-Stolze waren ihm eine Ehre.
Bis ins letzte Jahr hinein hat er die Arbeit in Grundschulverband und GEW aufmerksam beobachtet und durch kluge Anregungen unterstützt. Und immer hat er sich für Gespräche, für ausge-tauschte Texte und für Mails und Briefe bedankt.
Und dabei waren wir es doch, die ihm zu Dank verpflichtet waren und sind. Deshalb:
Danke, lieber Hermann!
Heilke von der Ahe (ehemalige Vorsitzende BFGA Grund-und Hauptschulen, ehemalige Schulleiterin der GHR Beim Pachthof)
Foto: Dr. Inge Büchner