Das Gewerkschaftsjahr 2019 hatte viel zu bieten: Tarifauseinandersetzungen zu Beginn, ein engagiertes Eintreten gegen die Versuche der AfD, Unfrieden an Schulen zu stiften, viel Einsatz für JA 13, die Gründung eines Bündnisses „Mehr Zukunft in der Schule“, eine grüne Wissenschaftsbehörde, die Exzellenz auf Kosten guter Arbeitsbedingungen forciert, aber auch der Wiederaufbau aktiver und attraktiver GEWerkschaftsarbeit in der Weiterbildung. Ein kleiner Rückblick.
Es waren zähe Verhandlungen in Potsdam im Februar und März 2019. Drei lange Tage verhandelten die Gewerkschaften mit den Vertretern der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL). In Hamburg haben im Organisationsbereich der GEW mehr als 1500 tarifbeschäftigte Kolleg*innen aktiv an den insgesamt drei Warnstreiks teilgenommen. Am Ende stand ein Tarifergebnis, dass sich sehen lassen kann. Insgesamt wurden Gehaltssteigerungen in einem Gesamtvolumen von 8 Prozent bei 33 Monaten Laufzeit vereinbart. Eine bittere Pille für die Ergo- und Physiotherapeut*innen: Sie profitieren leider nicht von der Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes.
Ein Dauerärgernis über das gesamte Jahr waren die Versuche der AfD, Unfrieden an Schulen zu stiften und über Anfragen und Beschwerden den Eindruck zu erwecken, dass die Gebote politischer Bildung nicht eingehalten würden. Auch wenn die Schulbehörde hier nicht immer den Eindruck hinterließ, für die Lehrkräfte einzutreten und insbesondere beim „Fall“ Ida Ehre jegliche Unterstützung für die Lehrkräfte vermissen ließ, wurden die Vorwürfe der AfD doch fast ausschließlich zurückgewiesen. Als GEW haben wir engagiert politische Aufklärungsarbeit geleistet und auch viele betroffene Kolleg*innen rechtlich beraten und unterstützt. Neben einer Broschüre zum Thema haben wir einen großen Kongress mit vielen Bündnispartner*innen auf Kampnagel durchgeführt, um deutlich zu machen, dass der zunehmende Rechtsruck weite Teile der Gesellschaft betrifft. Wir werden nicht nachlassen deutlich zu machen, dass die AfD überhaupt nicht verstanden hat, was politische Bildung bedeutet, und ihr Ziel einzig darin besteht, AfD-kritische Schulaktivitäten zu verbieten und engagierte Lehrkräfte einschüchtern zu wollen. Wir rufen dazu auf, Haltung zu zeigen statt Zurückhaltung zu üben und erwarten dies auch von der Schulbehörde!
Die bessere Bezahlung für Grund- und Mittelstufenlehrkräfte ist ein Erfolg, der ohne unseren Druck nicht zustande gekommen wäre, aber der Kampf ist noch nicht zu Ende. Schon länger konnte man hinter den Kulissen vernehmen, dass es nun bald kommen soll. Es ist ein Erfolg insbesondere der GEW, die seit 2015 auf den verschiedenen politischen Ebenen Druck gemacht hat. Es ist ein Erfolg insbesondere der Kolleg*innen, die sich an unseren Aktionen beteiligt haben und ein Erfolg derjenigen, die Widerspruch gegen ihre ungerechte Besoldung nach A12 eingelegt haben und mit unserem Rechtsschutz das rechtliche Verfahren betreiben. An allem Schönen sind häufig ein paar Haken und Ösen. Das ist hier leider auch der Fall. Im Moment gibt es nur eine Absichtserklärung der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, GRÜNE, CDU und FDP, die hinter verschlossenen Türen über den sogenannten „Schulfrieden“ verhandelt haben. Wir erwarten nun eine schnelle Umsetzung, denn den Worten müssen nun Taten folgen!
Die letzten schulpolitischen Entscheidungen in Hamburg zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass sie ohne die Beteiligung der Betroffenen (Referentenentwurf Schulentwicklungsplan) beziehungsweise ausdrücklich in „Hinterzimmergesprächen“ (Vereinbarung zum sogenannten Schulfrieden) zustande kamen. Um dem entgegenzuwirken, hat die GEW federführend an der Gründung eines Bündnisses mitgewirkt mit dem Ziel, die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen. Die Forderung lautet: Mehr Zukunft in der Schule! Das heißt für uns: Mehr Dialog, mehr Verantwortung und mehr Zeit für die beste Bildung in Hamburg! Beteiligt sind u.a. verschiedene Verbände und Vereinigungen der Hamburger Schulleitungen sowie die Elternkammer, die Lehrerkammer und die Schüler*innenkammer.
In der Wissenschaft war das Jahr 2019 zunehmend von einer ablehnenden Haltung der Wissenschaftsbehörde gegenüber unseren Forderungen geprägt, wie wir sie u.a. in der Kampagne „Frist ist Frust“ an die politisch Verantwortlichen adressiert haben. Einerseits wurde die Uni Hamburg 2019 in den Status einer Exzellenzuniversität erhoben, andererseits jedoch gab es eine Stagnation in den Bereichen Hochschulfinanzierung und bei den Beschäftigungsbedingungen. Fünf Jahre grüne Wissenschaftspolitik, das ist unser Fazit, das sind fünf Jahre prekäre Exzellenz, also Elitedenken zu Lasten der Beschäftigten. Aus GEWerkschaftsperspektive eine desaströse Bilanz, wie auch auf unserer Veranstaltung mit den wissenschaftspolitischen Sprecher*innen der Bürgerschaftsfraktionen vor wenigen Wochen deutlich wurde.
Erfreulich war der Wiederaufbau aktiver und attraktiver GEWerkschaftsarbeit in der Weiterbildung. Wir haben mit Detlev Zunker eine Person gefunden, die die konkrete Organisierungsarbeit übernimmt und mit der Geschäftsstelle zusammenarbeitet. Mittlerweile wurden die Beschäftigten zur gemeinsamen Fachgruppenarbeit eingeladen, um gemeinsame Themen, Interessen und Politikschritte herauszuarbeiten. Mit dem Projekt haben wir eine regelmäßige Fachgruppenarbeit, die es in Hamburg mindestens 15 Jahre nicht gegeben hat, wieder begonnen. Highlight dieser Aktivität war unsere Veranstaltung „Tribunal Weiterbildung“ am 27. November. Im Fokus standen hier die bildungspolitischen Sprecher*innen der wichtigsten politischen Parteien in der Bürgerschaft.
Wir gehen gestärkt ins nächste Jahr, freuen uns, mit euch an diesen Themen weiter zu arbeiten, wünschen eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit und einen guten Rutsch in 2020!
Anja Bensinger-Stolze, Fredrik Dehnerdt, Sven Quiring