Noch hält sich die Behörde bedeckt, wenn es um den Lehrkräftemangel in Hamburg geht. Intern wird allerdings von ca. 200 nicht zu besetzenden Stellen ausgegangen. Sich darüber einen Überblick zu verschaffen ist schwierig, da die selbst verantworteten Schulen (SVS) selber einstellen und Löcher über die sogenannten VOrM-Mittel (Vertretungs- und Organisationsmittel) stopfen. Dabei werden auch sogenannte „Quereinsteiger*innen“ - zunächst befristet und ohne systematische Unterstützung oder Begleitung – eingestellt. In neuester Zeit werden nun auch Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV) zu Mehrarbeit herangezogen, weil die Schulen ihren Bedarf nicht mehr anders decken können. Für die GEW ist so keine qualifizierte Ausbildung möglich. Diese Entwicklungen machen aber deutlich, dass wir auch in Hamburg einen Lehrkräftemangel konstatieren müssen und davor nicht die Augen verschließen dürfen. Dieser Lehrkräftemangel bezieht sich nicht mehr nur auf bestimmte Mangelfächer im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich oder auf besondere Berufssparten in den Berufsbildenden Schulen. Ganz besonders betroffen sind die Schulen, die in sozial schwachen Stadtteilen liegen oder aus anderen Gründen als nicht attraktiv eingeschätzt werden. Diese Schulen haben trotz der VOrM-Mittel Schwierigkeiten überhaupt an Personal zu kommen. Auf keinen Fall darf dieser Zustand dazu führen, den jetzt in Hamburg beschäftigten Lehrkräften noch mehr an Arbeit aufzubürden. Eine weitere Runde der Arbeitsverdichtung wäre kontraproduktiv. Die Antwort muss sein, den Beruf als Lehrer*in attraktiver zu machen. Eine Aufgabenkritik muss endlich erfolgen – und zwar in einem Maße, dass sie spürbare Verbesserungen für die Beschäftigten an Schule mit sich bringt. Die vielen Aufgaben, die in den Schulen seit Einführung der Lehrerarbeitszeitverordnung dazugekommen sind, müssen endlich mit entsprechenden Zeitkontingenten ausgestattet werden. Als GEW fordern wir als ersten Schritt auf dem Wege zu einer Arbeitszeitverkürzung die F-Stunden für die Schulleitungen zusätzlich zuzuweisen. Dadurch können mehr F-Stunden an die Kolleg*innen verteilt werden und die Schulleitungen stehen nicht unter dem Verdacht, sich über Gebühr aus dem F-Stundentopf zu bedienen. Es wird also mehr Zeit für gute Arbeit gebraucht und auch die Räume spielen für gute Arbeitsbedingungen eine wesentliche Rolle. Durch das jahrelange Verschleppen von nötigen Renovierungen und Sanierungen der Schulbauten, wird in Hamburg nun der Neubau von Schulen vorangetrieben. Das ist gut und nötig. Bei den bisher entstandenen Neubauten gibt es aber an verschiedenen Stellen Probleme: das Raumklima lässt häufig zu wünschen übrig, die Gestaltungsmöglichkeiten der Räumlichkeiten (Wandhängungen usw.) sind beschränkt, an Arbeits-, Pausen- und Ruheräume für die Beschäftigten wird meist nicht gedacht usw.
Auch gute Bezahlung kann die Attraktivität des Lehrerberufes steigern. Wir fordern für alle Lehrämter eine Eingangsbesoldung nach A13Z bzw. E13. Das jetzt angekündigte gemeinsame Lehramt für Stadtteilschule und Gymnasium legt nahe, dass auch die Bezahlung in der Sek I der Stadtteilschulen vereinheitlicht wird. Dies darf allerdings nicht nur für die nachkommenden Kolleginnen und Kollegen gelten, sondern selbstverständlich auch für die bereits Beschäftigten. Und auf keinen Fall dürfen die Grundschullehrkräfte dabei abgekoppelt werden. Der Entwurf zur Reform der Lehrer*innenbildung der BSB sieht ein Grundschullehramt vor, dass sich nur auf die Klassen 1 bis 4 bezieht. Als Mindestforderung hat die GEW Hamburg eine Ausweitung auf die Klassen 1 - 6 empfohlen, damit die Übergänge gut gestaltet werden können. Außerdem enthält der Behördenentwurf eine starke Beschränkung bei der Auswahl der zu studierenden Fächer: Mathematik und Deutsch müssen studiert werden. Dies ist aus pädagogischen Gründen zu kritisieren. Der Mensch als Ganzes braucht z.B. auch die musisch-künstlerische Anregung. Zum anderen schränkt es die Studierenden in ihren Wahlmöglichkeiten – entsprechend ihren persönlichen Stärken und Neigungen – extrem ein. Ein verpflichtendes Fach hätte es auch getan. Dem so entworfenen Grundschullehramt fehlt es damit nicht nur an finanzieller, sondern auch an der inhaltlichen Attraktivität. Es gehört schon sehr viel pädagogische Überzeugung dazu, wenn ein junger Mensch sich für einen Beruf entscheidet, der ihn ohne nachvollziehbare Begründung finanziell schlechter als andere Lehrämter stellt und gleichzeitig neben hohen pädagogischen Anforderungen eine extreme Einschränkung der fachlichen Ausrichtung des Berufsbilds vornimmt. Da der Entwurf noch nicht der Bürgerschaft zum Beschluss vorliegt, werden wir hier mehr Weitsicht einfordern! Da geht noch was!
Anja Bensinger-Stolze, Fredrik Dehnerdt, Sven Quiring