Letzte Woche fand ein Berufungsprozess gegen Hans-Peter de Lorent und die Landeszentrale für politische Bildung statt. Gegenstand war die Veröffentlichung der Biographie von Oscar Toepffer in Bd. 2 der "Täterprofile". Die Klägerin, Enkelin von Toepffer, wollte erwirken, dass diese Biographie weder weiter in Band 2 veröffentlicht werden darf noch im Internetportal der Landeszentrale auf www.hamburg.de (unter dem Stichwort "Die Dabeigewesenen"). Darf der Autor den ehemaligen Senator und Beigeordneten des Hamburger NS-Senats als „Täter“ bezeichnen?
Nach sechs Jahren Rechtsstreit um die Klage der Toepffer-Enkelin Christel Sachs hat das Oberlandesgericht nun ein eindeutiges und aus Sicht der GEW erfreuliches Urteil gefällt. Bereits das Landgericht hatte festgestellt: „Eine grob ehrverletzende Entstellung des Lebensbildes von Oscar Toepffer liegt nicht vor. Die Tätigkeiten und Ansichten von Oscar Toepffer in der Zeit bis 1945 und nach dem Zweiten Weltkrieg werden in dem Beitrag differenziert beschrieben. Zudem zeichnet sich der Beitrag dadurch aus, dass Oscar Toepffer umfangreich selbst zu Wort kommt, wobei neben Passagen aus seinen Briefen, in denen eine den Handlungen und Aussagen des Regimes zustimmende Haltung zum Ausdruck kommt, auch Passagen aufgenommen wurden, in denen er sich kritisch mit dem Kriegsgeschehen auseinandersetzt."
Das Landgericht hatte allerdings angenommen, dass einige der zitierten Korrespondenzen zwischen Töpfer und seiner Frau während des Krieges urheberrechtlich geschützt seien. Dagegen hatte der Beklagte Berufung eingelegt, unterstützt von Ties Rabe als zuständigem Senator für die Landeszentrale für politische Bildung. Das Oberlandesgericht hat nun in allen vom Landgericht benannten Einzelpassagen festgestellt, dass diese zitiert werden dürfen. Damit ist die Klägerin in allen wesentlichen Punkten vollständig unterlegen. Lediglich ein Foto von Oscar und Gretchen Toepffer mit ihren drei Kindern darf nicht mehr veröffentlicht werden. Es wird in der Ausgabe der Täterprofile geschwärzt. Das OLG hat in seinem Urteil zugleich festgestellt, dass die Revision gegen dieses Urteil "nicht zugelassen" wird.
„Hans Peter de Lorent, ehemaliger Landesvorsitzender der GEW, veröffentlicht regelmäßig und seit vielen Jahren Nazibiographien in unserer Landeszeitung, der hlz, die auch die Grundlage der Reihe ‚Täterprofile‘ bilden. Wir schätzen diese Arbeit sehr! Das Ziel des Verfassers war und ist es dabei, zu verstehen und nachzuzeichnen, was die jeweiligen Personen in den zwölf Jahren des ‚Tausendjährigen Reiches‘ gemacht hatten, wie ihre Entwicklung bis dahin gewesen war, wie ihre Karriere verlief und wie sie sich nach 1945 erklärten, verteidigten, herausredeten. In drei Bänden sind mittlerweile 180 Biografien veröffentlicht, die einen tiefen Einblick in die Zeit des Hamburger Bildungswesens unterm Hakenkreuz ermöglichen. Erstaunlich und empörend ist, dass mehrere Personen, die aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP oder anderer Naziorganisationen Schulleiter waren, nach 1945 wieder in dieser Funktion eingesetzt wurden. Diese Empörung zu ermöglichen, auch das ist das Verdienst von de Lorent. Dass er nun in seiner Rolle als engagierter Aufklärer angegangen wird, bestärkt uns darin, seine Arbeit zu würdigen und zu verteidigen“, kommentiert Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg.
Zum Prozess 2020 berichteten wir hier. Auch zum dort erstrittenen Teilerfolg berichteten wir – dennoch folgt eine Revision, die wir hier ankündigten.
Die GEW-Landeszeitung hlz hat in den Ausgaben 6/2019 und 7-8/2019 die Biographie von Oscar Toepffer in zwei Teilen abgedruckt.
Bild: Cover Täterprofile 2