Senatsdrucksache "Inklusive Bildung an Hamburgs Schulen" in der Abstimmung

13. Februar 2012Von: PresseredaktionThema: Bildungspolitik
GEW warnt: "Der Senat muss nacharbeiten - sonst wird Inklusion nicht gelingen."
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"Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Der Senat muss deutlich nacharbeiten, sonst wird es nichts mit einer gelungenen Inklusion", kommentiert Klaus Bullan den bekannt gewordenen Entwurf der Senatsdrucksache zur inklusiven Bildung an Hamburger Schulen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mahnt vor allem die mangelnde Ausstattung an, mit der der Senat die Umsetzung der UN-Resolution zur besseren Berücksichtigung von Kindern mit Handicap angehen will: "Teilweise fällt der Senat hinter den bisherigen Standard zurück. Integrative Regelklassen und Integrationsklassen werden entgegen den Wahlaussagen der SPD abgeschafft und durch Maßnahmen ersetzt, die deutlich schlechter ausgestattet sind. Kinder und Jugendliche mit schweren Behinderungen können nicht mehr in den geplanten Inklusionsklassen betreut werden. Es fehlt die notwendige durchgängige Doppelbesetzung, Einzelförderung und Mittagessenbetreuung. Eltern, die auf durchgängige Betreuung ihrer behinderten Kinder angewiesen sind, können diese dann nur noch in Sonderschulen anmelden und beschulen lassen."

Die von der GEW, der Lehrerkammer und dem Landesschulbeirat geforderte regelhafte Doppelbesetzung sei mit der Ausstattung von 3,5 Stunden doppelt besetzten Unterrichts bei vier LSE Kindern pro Klasse nicht zu leisten, warnt Bullan. Mit dem geplanten Ansatz könnten nur 14 von rund 30 Stunden Unterricht in der Woche doppelt besetzt werden. "Das reicht nicht. Und im Ganztagsbetrieb ist das Verhältnis noch schlechter. Doppelbesetzung ist eine zentrale Gelingensbedingung."

Für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung (so genannte LSE-Kinder) wird es weniger sonderpädagogische Förderung geben, denn die so genannte systemische Zuweisung sei zu gering kalkuliert und beruhe  auf falschen Grundvoraussetzungen. Bullan: "Für die Zuweisung von Pädagogenstunden in den Förderschwerpunkten LSE wird ein willkürlich verringerter Prozentsatz gewählt, statt sich am  tatsächlichen Bedarf des einzelnen Kindes zu orientieren."

Skandalös sei der Plan des Senats, zur Gegenfinanzierung der inklusiven Fördermaßnahmen auch die bisher den Sonderschulen zusätzlich zu den Ressourcen für die sonderpädagogische Förderung zugewiesenen Sonderbedarfe für Sprachförderung heran zu ziehen. "Das bedeutet offenbar“, so Bullan, "dass die Sprachförderressourcen in den Sonderschulen gestrichen werden sollen. Hält die Behörde eine zusätzliche Sprachförderung in den Sonderschulen also für verzichtbar? In allgemeinen Schulen ist eine zusätzliche Sprachförderung weiterhin verpflichtend für Schüler_innen, die den entsprechenden Förderbedarf haben.“

Der Senat plant, die Drucksache bis März von den Kammern beraten zu lassen und dann von der Deputation und der Bürgerschaft beschließen zu lassen. "Die SPD stellt die Mehrheit in allen Beschlussgremien. Wir appellieren eindringlich an die Abgeordneten,  die Senatsdrucksache so nicht durchzuwinken" so Bullan. Der GEW Vorsitzende erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass rund 300 Schulpersonalräte am 17. Januar 2012 in ihrer einstimmig verabschiedeten Resolution die von der Behörde vorgesehene Ausstattung der Inklusion an Hamburgs Schulen als Rückschritt bezeichnet haben. "Die Schulpersonalräte haben auf ihrer Konferenz unmissverständlich klar gemacht, dass sie bei den Planungen und Entscheidungen im Rahmen ihrer Mitbestimmungsmöglichkeiten beteiligt werden müssen und dass sie ihre Möglichkeiten dafür voll ausschöpfen werden. Schlechtere Arbeitsbedingungen, Umsetzungen von Lehrkräften gegen ihren Willen und unzureichende Personal- und Sachausstattungen werden sie nicht hinnehmen. Die Behörde sollte dies ernst nehmen: Eine Umsetzung von Inklusion zu Lasten der Kollegen und Kolleginnen an den Schulen ist zum Scheitern verurteilt."

Die Resolution der Schulpersonalräte ist im Wortlaut nachzulesen. s. download