Ein modernes Hamburg wollen SPD und GRÜNE zusammen schaffen, so der Titel des Koalitionsvertrages. Aber – wir ahnen es schon – es darf natürlich nichts kosten! Im Bildungsbereich werden für die Umsetzung der Inklusion 120 Stellen versprochen. Das dies nicht ausreicht, ist dem Senat und auch der neuen Koalition weder durch das von der BSB in Auftrag gegebene Gutachten der Professoren Schuck und Rauer, noch nach der zeitaufwändigen und veralteten Statusdiagnostik im Herbst letzten Jahres, deutlich zu machen. Das Gutachten kam auf eine systemische Ressource des sonderpädagogischen Förderbedarfs im Bereich Lernen, Sprache und soziale und emotionale Entwicklung von 6,9% und die Nachtestung auf 6,6%. Auf jeden Fall übersteigt es die jetzige Unterversorgung von 4% deutlich. Demzufolge mindestens 350 Stellen für die Klassen 0 – 10 erforderlich wären. Wenn man nun - wie wir nicht müde werden zu betonen – an die erfolgreichen Integrations- und integrierten Regelklassen Hamburgs mit zwanzigjähriger Erfahrung anschließen wollte, wären 550 Stellen nötig. Stattdessen werden uns 120 Stellen geboten über die wir am besten in Jubel ausbrechen sollen. Diese Stellen sind ein Erfolg unseres Engagements im Verbund mit anderen Organisationen. Von selbst gibt es sie nicht. Aber ausreichen tun sie auch nicht. Dass allerdings in den Jahrgängen 3 und 4 jetzt permanent eine Statusdiagnostik stattfinden soll, ist wirklich nicht zu glauben. Sie kostet sehr viel Zeit, stigmatisiert und bringt den einzelnen Schüler nicht einen Schritt weiter. Die Kolleginnen und Kollegen die dies durchführen müssen, sind für 6 Wochen aus ihrem Unterricht bzw. aus ihren Gruppen herausgerissen und die zu unterstützenden SchülerInnen müssen ohne sie auskommen. Senator Rabe spricht im Zusammenhang dieser Statusdiagnostik von einem komplizierten Verfahren (HA, 5.5.2015). Es ist in erster Linie ein veraltetes und nicht hilfreiches Verfahren. Wer in diesem Zusammenhang von einem modernen Hamburg spricht, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
Durch die anhaltende Unterversorgung an entsprechendem Personal im Bereich des sonderpädagogischen Förderbedarfs kommt es zu einem Roll-back in Sachen Inklusion. Vermehrt werden Kinder und Jugendliche mit besonderen Schwierigkeiten in ReBBZ-Klassen oder temporäre Lerngruppen exkludiert. Außerdem gibt es in den Schulen mit niedrigem KESS-Faktor, die die Hauptlast tragen, immer mehr Anzeichen von permanenter Überlastung der Kollegien. Auch dabei wird wiederum mit Überprüfung durch eine besondere Expertengruppe der Behörde reagiert, statt endlich die erforderlichen Mittel bzw. Stellen zur Verfügung zu stellen. Prüferei und Testerei bringen uns keinen Schritt weiter.
Wahrscheinlich gehört die Jahrhundertreform „Inklusion“ nicht in das Modernitätskonzept der Regierenden. Doch angesichts der übrigen Ankündigungen zum Bildungsbereich im Koalitionsvertrag bleibt die Frage offen, wo sich die Modernität überhaupt versteckt hält. Aus Sicht der GEW ist klar, dass ein modernes Hamburg nicht zum Nulltarif zu haben ist. Dies werden wir weiterhin offensiv vertreten.
Anja Bensinger-Stolze, Fredrik Dehnerdt