GEW: „Die Schere geht weiter auf“

22. Juni 2012Von: Thema: Bildungspolitik
Bildungsgewerkschaft zum Bildungsbericht von Bund und Ländern: Schwächere nachhaltig fördern

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat mit Blick auf den heute vorgestellten Bildungsbericht von Bund und Ländern festgestellt, dass „die Schere zwischen Bildungsgewinnern und -verlierern immer weiter auseinandergeht“. „Wir brauchen endlich wirksame Programme, um alle, insbesondere aber die finanziell Schwächeren in dieser Gesellschaft gezielt und nachhaltig zu fördern. Dafür ist eine zwischen Bund, Ländern und Kommunen abgestimmte Strategie für ein inklusives Bildungswesen notwendig“, sagte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne am Freitag in Frankfurt a.M.. „Eine Politik, die rund 20 Prozent der Menschen eines Jahrgangs abschreibt, ist unverantwortlich. Wer nicht richtig lesen, schreiben oder rechnen kann, hat in der Bundesrepublik keine Berufs- und Lebenschancen. In dieser Frage hat sich in den vergangenen Jahren viel zu wenig bewegt. Die ‚Risikogruppe‘ jedes Jahrgangs liegt konstant bei gut 20 Prozent.“ Ein Umsteuern sei dringend notwendig. „Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen alle Menschen ihre Potenziale ausschöpfen können. Das ist eine Kernfrage der Glaubwürdigkeit der Gesellschaft und die Zukunft der Demokratie“, betonte der GEW-Vorsitzende.

„Es reicht nicht, den Blick auf Abiturienten- und Hochschulabsolventenzahlen zu richten. So wichtig und gut es ist, dass diese steigen: Das sind die Menschen, die die Selektionsklippen des deutschen Bildungswesens überwunden haben. Meist weil sie von Anfang an bessere Startchancen hatten. Doch das reicht bei weitem nicht“, unterstrich Thöne. Er machte noch einmal deutlich, dass Förderung in der frühkindlichen Bildung beginnt. „Der Besuch einer Kita ist ein wichtiger Beitrag, Defizite, die Kinder aus dem Elternhaus mitbringen, auszugleichen“, saget der GEW-Vorsitzende. In diesem Zusammenhang wies er noch einmal darauf hin, dass das Betreuungsgeld „gesellschaftspolitischer Unsinn ist“. „Wer sich damit brüstet, dass die Bildungsbeteiligung steigt, kann nicht gleichzeitig Fördergelder dafür zahlen, dass Kinder und Eltern zu Hause bleiben. Die Klientelpolitik einer Regionalpartei in Deutschland darf nicht entscheidend für die Zukunftschancen von Millionen Kindern und die berufliche Entwicklung der Eltern werden“, betonte der GEW-Vorsitzende.

„Wir müssen uns endlich ernsthaft auf den Weg zu einem inklusiven Bildungswesen machen. Ein Bildungssystem, das alle Kinder mitnimmt und bestmöglich fördert, wird zur Schicksalsfrage der Entwicklung unserer Gesellschaft“, sagte Thöne.