Private Bildungseinrichtungen gab es in Deutschland schon immer. Nicht selten auch gegründet und betrieben, um Defizite im öffentlichen Bildungswesen zu vermeiden und Reformalternativen zu praktizieren. Dazu kamen konfessionelle Einrichtungen mit ihren spezifischen Ansätzen. Hierbei entwickelten sich einige – vor allem pädagogisch – sinnvolle Alternativen, zumal die Arbeits- und Vergütungsbedingungen der Beschäftigten durchaus mit denen des öffentlichen Bildungswesens vergleichbar waren und nicht Gewinnerzielung der Grundzweck war. Das hat sich geändert: Das öffentliche Bildungswesen wird in die Zange genommen.
Einerseits gewinnen die privaten Bildungsanbieter dramatisch an Bedeutung. Große Konzerne haben längst erkannt, dass mit Bildung Geld zu verdienen ist, in großem Umfang und mit staatlich garantierten öffentlichen Zuwendungen. Bildung ist eine Wachstumsbranche, weil auch die Unzufriedenheit mit den Leistungen des unterfinanzierten öffentlichen Bereichs wächst.
Andererseits werden die betriebswirtschaftlichen Steuerungselemente, deren globales Scheitern wir gerade erleben und erleiden, unverdrossen weiter in die staatlichen Institutionen implementiert, um auch dort Markt- und Wettbewerbsmechanismen zu etablieren. Hinzu kommt, dass im öffentlichen Bereich Gebühren weiter und sogar neu erhoben werden.
Alle sollen mit allen im Wettbewerb stehen: die öffentlichen Einrichtungen untereinander, die Privaten untereinander und die Privaten mit Öffentlichen. Was sind die Folgen?
Die bereits bestehende Chancenungleichheit wird noch größer, die soziale Selektivität und die gesellschaftliche Spaltung nehmen weiter zu. Demokratische Beteiligung, Mitbestimmung und Kontrolle werden minimiert. Bildungsinhalte und vermittelte Qualifikationen werden nur noch an der ökonomischen Verwertbarkeit orientiert. Die pädagogisch Beschäftigten werden weniger denn je in der Lage sein, gemeinsam für eine angemessene Ausstattung der Bildungseinrichtungen zu streiten. Schließlich werden sie ja gerade trainiert, untereinander um die Verteilung viel zu geringer Mittel zu kämpfen. Auf der Strecke bleibt die Solidarität, auf der Strecke bleibt das Engagement für die Verwirklichung des Rechts auf Bildung für alle! Das gilt es zu verhindern.
Die Position der GEW ist klar: Bildung ist keine Ware und darf nicht privatisiert werden! Bildung ist ein öffentliches Gut und muss ihren Beitrag dazu leisten, die Gesellschaft demokratisch und friedlich weiterzuentwickeln!
Die GEW setzt sich für eine Bildung ein, die die Menschen dabei unterstützt, zu kritischen Individuen zu werden. Die GEW versteht Bildung nicht nur als Ausbildung für die künftige berufliche Existenz, sondern auch als Bildung hin zu einer freien und unabhängigen Persönlichkeit, zu Emanzipation und Mündigkeit.
Deshalb fordern wir gebührenfreie Bildung von den KiTas über die Schulen und Hochschulen bis zur Weiterbildung! Deshalb fordern wir ein Bildungssystem, in dem sich Jede und Jeder gemäß ihrer und seiner Interessen und Bedürfnisse möglichst frei entwickeln kann!
Zur Übersicht über die Lage aber auch zur Unterstützung dieser Forderungen starten wir, das Referat B Bildungspolitik und das Referat C Bildungsfinanzierung, eine Artikelserie, die einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen hin zu immer mehr Privatisierung in allen Bereichen des Bildungswesens in Hamburg geben soll. Nach Abschluss der Artikelserie planen wir eine Broschüre zum Thema. Die vorläufige Gliederung sieht wie folgt aus:
1. Öffentliche Bildung in Hamburg
2. Wie sich die Privatisierung im Bildungsbereich ausweitet
3. Was in der Verfassung steht
4. Wie Neoliberale den öffentlichen Sektor kaputt sparen
5. Öffentliche Einrichtungen werden zu Unternehmen
6. Folgen der Privatisierung für den Bildungsbereich
Interessierte sind zur Mitarbeit aufgerufen und können sich an dehnerdt@gew-hamburg.de wenden. Erst kaputtgespart, dann privatisiert? – Wir wünschen eine unterhaltsame Lektüre!
Foto: GEW Privatiserungsreport 10