Ein Jahr vor der Bundestagswahl hat die GEW die Initiative „Bildung. Weiter denken!“ ins Leben gerufen, um sich für mehr Geld für Bildung einzusetzen. Wie weit sind wir auf diesem Weg bislang gekommen? Und wie geht es weiter?
Die Ausgangslage: Bund und Länder haben ihr 2008 in Dresden gegebenes Versprechen, eine „Bildungsrepublik“ zu schaffen und dafür bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandproduktes für Bildung und Forschung bereitzustellen, nicht gehalten. „Der Zustand des Bildungswesens steht der Bedeutung der Bildung, die immer wieder gerne in Sonntagsreden beschworen wird, diametral entgegen“, moniert die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. „Das gilt für Quantität und Qualität der Bildungsangebote und -einrichtungen ebenso wie für deren Finanzierung. Deshalb braucht Deutschland mehr und bessere Bildungsangebote für alle Menschen!“ Mit der Initiative „Bildung. Weiter denken!“ geht die GEW wortwörtlich und im übertragenen Sinne für eine solche Veränderung auf die Straße. Dabei finden alle Bildungsbereiche Platz: Kindertagesstätten, Schule, Berufliche Bildung, Hochschule und die Weiterbildung.
Ein Kurswechsel in der Bildungspolitik und in der Finanzierung des Bildungswesens ist der große „Nordstern“ der Initiative. Auf dieses Ziel arbeitet die GEW gemeinschaftlich, kontinuierlich und koordiniert hin. Durch viele Interviews und Hintergrundgespräche, pressewirksame Termine und den von der GEW angestoßenen Appell für mehr Geld für Bildung – getragen durch ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften – war das Thema Bildung im vergangenen Jahr in der öffentlichen Debatte sehr präsent. Bestimmte Aspekte wie marode Gebäude oder Lehrkräftemangel fanden besonders großen Widerhall. Jetzt verzeichnen wir erste Erfolge: In einigen Bundesländern konnten etwa Verbesserungen bei der Bezahlung von Pädagoginnen und Pädagogen sowie zusätzliche Stellen für Schulsozialarbeit durchgesetzt und Stellenstreichungen verhindert werden.
Neben den klassischen Formen der Öffentlichkeitsarbeit gibt die GEW auch Impulse durch kreative Aktivitäten, beispielsweise Fotoaktionen, Bodenzeitungen, Film-Clips sowie die verstärkte Nutzung der Social-Media-Kanäle. Besonders viel passiert vor Ort in den Aktionszeiträumen. Dann gibt es in den Landesverbänden Aktionen zu einem bestimmten Schwerpunkthema – bislang zu „JA13! Weil Grundschullehrerinnen es verdienen“, „Gute Arbeit – gute Bildung“ und zum Themenbereich „Inklusion/Integration“. Aber auch während der Bildungsmesse didacta, bei den Veranstaltungen zum 1. Mai oder beim GEW-Gewerkschaftstag im Mai wurde die Initiative bundesweit sichtbar. Die Bildungsgewerkschaft arbeitet in Bündnissen mit und versucht so, gesellschaftlichen Druck auch gemeinsam mit anderen Organisationen zu entfalten.
Immer wieder muss der bildungspolitische Aspekt der Initiative – die Frage, was gute Bildung ausmacht – mit dem finanz- und steuerpolitischen verknüpft werden, der verdeutlicht, wie die Finanzierung zu realisieren ist. Denn oft behaupten die politisch Verantwortlichen, es fehle an Geld, um wichtige Bildungsvorhaben zu finanzieren. Daher haben wir ausgerechnet, was unsere Vorstellungen von guter Bildung kosten. Und mit einem eigenen Steuerkonzept hat die GEW aufgezeigt, wie mehr Geld in die Kassen der Bundes-, Landes- und Kommunalhaushalte fließen kann. „Diese Maßnahmen bringen jährlich fast 74 Milliarden Euro zusätzlich in die öffentlichen Kassen“, betont Tepe.
Nun ist Bildung – und damit verbunden auch ihre Finanzierung – ein komplizierter Politikbereich. Vieles wird auf Länderebene entschieden und ist daher von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Aber auch Bund und Kommunen haben ihren Anteil. Die Bildungsfinanzierung zu verbessern, setzt voraus, alle Ebenen und ihr Zusammenspiel im Blick zu haben.
Die Bundestagswahl im September war ein wichtiger erster Meilenstein für die Initiative – die Aktivitäten konzentrierten sich in der ersten Phase daher stark auf die Bundesebene. Schon seit langem fordert die GEW die komplette Aufhebung des Kooperationsverbots. So wäre es dem Bund möglich, Länder und Kommunen in der Bildung dauerhaft finanziell zu unterstützen. In politischen Gesprächen mit Parteien sowie einzelnen Politikerinnen und Politikern haben wir dies immer wieder eingefordert. Überzeugende Argumente aus der Praxis hat die GEW-Vorsitzende gesammelt. Ihre Tour „GEW in Bildung unterwegs“ führte sie in Bildungseinrichtungen (fast) aller Bundesländer. Hier machte sie sich ein Bild vom Status quo der Arbeitsbedingungen, der Ausstattung und der Bedarfe vor Ort.
Obwohl das Thema Bildungsfinanzierung als „dickes Brett“ bekannt ist, das es zu bohren gilt, hatte sich die GEW zunächst entschieden, die Initiative „Bildung. Weiter denken!“ zeitlich zu begrenzen – bis Ende 2017. Dann sollte nach einer Evaluation des bisherigen Verlaufs entschieden werden, ob und wie die Initiative weitergeführt wird. Die Auswertung ist beendet, der Beschluss gefasst: Es soll weitergehen! Das entspricht auch der Aussage des Gewerkschaftstages, dass das GEW-Engagement für eine bessere Bildungsfinanzierung „eine ihrer grundlegenden Aufgaben“ sei.
Nun heißt es: Ausdauer beweisen. Bei Drucklegung der „E&W“ war noch nicht klar, was konkret im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung stehen wird. Die Wahlprogramme der Parteien lassen allerdings befürchten, dass wir für die Umsetzung wichtiger Bausteine für eine bessere Bildungsfinanzierung noch weiter kämpfen müssen. Die Vorhaben der künftigen Bundesregierung werden wir kritisch begleiten. Gleichzeitig verschiebt sich der Fokus der Initiative stärker auf Länderebene. Dort geht es darum, bei zentralen Weichenstellungen in der Bildungsfinanzierung kontinuierlich Überzeugungsarbeit zu leisten. Dies beim Hauptvorstand und in den Landesverbänden aufeinander abgestimmt und voneinander wissend in die Tat umzusetzen, wird Aufgabe der Initiative innerhalb der GEW sein.
Bild: Bildung weiter denken!