Die GEW Hamburg kritisiert das Kapitel „Berufliche Bildung“ im neuen rot-grünen Koalitionsvertrag als unzureichend und vage. Trotz der zentralen Bedeutung beruflicher Bildung für die Fachkräftesicherung und soziale Teilhabe bleibt der Vertrag hinter den Erwartungen zurück.
„Es ist enttäuschend, dass der Koalitionsvertrag keine klaren Maßnahmen zur Stärkung der beruflichen Bildung enthält“, so Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg. „Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels und der Herausforderungen durch Digitalisierung und Klimawandel benötigen wir eine zukunftsorientierte und gerechte berufliche Bildungspolitik.“
Die GEW Hamburg begrüßt, dass das Projekt „dual & inklusiv“ verstetigt werden soll, weist jedoch darauf hin, dass der Förderbedarf in diesem Bereich weiterhin wächst – die personellen und materiellen Ressourcen an den Schulen reichen dafür bei Weitem nicht aus.
Das Projekt „Catch Up“ soll laut Koalitionsvertrag fortgeführt werden. Die Unterstützung für junge Menschen bis 25 mit psychischen Belastungen ist dringend notwendig, allerdings ist das Projekt an den Beruflichen Schulen kaum bekannt. Es fehlt hier an Kommunikation und Umsetzung, denn an den Beruflichen Schulen nimmt die Zahl der jungen Menschen mit psychischen Belastungen zu.
Ebenso enttäuschend ist, dass die berufliche Bildung beim Thema Sprachförderung komplett vergessen wird. Die beruflichen Schulen stellen mittlerweile massiven Bedarf an Förderung von Bildungs- und Fachsprache in der dualen Ausbildung aber auch den Vollzeit-Schulformen fest, erhalten jedoch keinerlei Ressourcen.
Gleiches gilt für die Weiterbildung: Ohne zusätzliche Ressourcen werden auch die letzten beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten verloren gehen. Bachelor Professionals, Techniker*innen, Gewandmeister*innen und andere qualifizieren sich an Hamburger Schulen. Bei sinkenden Anmeldezahlen steigen die Belastungen für die Schulen. Ohne zusätzliche Ressourcen können diese nicht adäquat auf neue fachliche Herausforderungen in einem dynamischen Umfeld reagieren.
Positiv ist aus Sicht der GEW Hamburg die Bereitstellung von 3.000 Wohnheimplätzen für Auszubildende – doch gemessen am tatsächlichen Bedarf ist das nicht genug. Benötigt werden auch Unterstützungssysteme für Auszubildende auf dem regulären Wohnungsmarkt.
Irritation ruft die Ankündigung eines dualen Lehramtsstudiums für den berufsbildenden Bereich hervor: Weder im Gesamtpersonalrat, noch in der Lehrerkammer, noch gegenüber der GEW wurde dieses Vorhaben bislang thematisiert. Eine Einbindung der relevanten Gremien und Akteur*innen ist für ein solches Vorhaben unerlässlich.
Schließlich fehlt im Abschnitt „Demokratiebildung“ jeglicher Bezug zur beruflichen Bildung. Gerade hier wäre eine Stärkung politischer Bildung dringend notwendig – zumal diese in der dualen Ausbildung in den letzten Jahren zugunsten betriebswirtschaftlicher Inhalte gekürzt wurde. Die GEW Hamburg fordert eine systematische Verankerung demokratischer und politischer Bildung in allen Lernbereichen und Fächern.
Die GEW Hamburg fordert daher:
- Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen
- Stärkung der Berufsschulen durch Investitionen in Ausstattung, Digitalisierung und Personal
- Attraktive Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte
- Gezielte Förderung benachteiligter Gruppen
- Mehr Wohnraum für Auszubildende
- Einbindung aller relevanten Gremien bei Reformvorhaben
- Verankerung politischer Bildung an Berufsschulen
„Die berufliche Bildung ist zentral für die Hamburger Bildungspolitik“, so Sven Quiring. „Wir erwarten von der neuen Regierung konkrete Schritte, um die berufliche Bildung zu stärken und Chancengleichheit zu gewährleisten.“
Foto: Karl-Heinz Laube/www.pixelio.de
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