Bis die Ergebnisse der groß angelegten Arbeitszeit- und Belastungsstudie im Sommer 2025 vorliegen, werden Aspekte der Arbeitsbelastung von Lehrkräften in Arbeitspapieren thematisiert. Das nun vorliegende vierte Arbeitspapier thematisiert den Stand der Digitalisierung und die digitale Kluft zwischen weiterführenden Schulen und zeigt die enormen Unterschiede in der Bildungsqualität sowie in den Arbeitsbedingungen und beruflichen Entwicklungschancen von Lehrkräften auf. Die zentralen Befunde und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen lauten wie folgt:
- Zwar sind Hamburger Schulen bei der digitalen Infrastruktur im Vergleich zum Bundesgebiet vergleichsweise gut aufgestellt, grundlegende Anforderungen an die digitale Infrastruktur sind aber nicht überall erfüllt - Schulen am unteren Ende der Skala sind vom digitalen Fortschritt nahezu abgekoppelt.
- Schüler*innen bekommen viel zu wenig digitale Kompetenzen vermittelt.
- Lehrkräfte erleben daher sehr unterschiedliche Arbeitsbedingungen und berufliche Entwicklungschancen.
- Digitaler Stress durch unzuverlässige Technik ist an Schulen mit hoher digitaler Reife signifikant geringer.
„Zur Sicherung eines gleichberechtigten Bildungszugangs für die Schülerinnen und Schüler sowie der Chancengleichheit im Beruf für ihre Lehrerinnen und Lehrer ist es erforderlich, die in diesem Arbeitspapier dokumentierte unterschiedliche digitale Reife (digitale Kluft) zwischen den Hamburger Schulen im Sekundarbereich durch gezielte Maßnahmen weiter zu verringern. Schülerinnen und Schüler werden ebenso wie ihre Lehrkräfte an Schulen geringer digitaler Reife sonst von einem überaus wichtigen Bereich der gesellschaftlichen Entwicklung weitgehend abgekoppelt“, so Frank Mußmann, Studienleiter der Arbeitszeit- und Belastungsstudie der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen.
„Auch die Arbeitsbedingungen der Hamburger Lehrkräfte an Schulen mit geringerer digitaler Reife sind deutlich belastender, da die Infrastruktur weniger zuverlässig ist und technische Ausfälle an der Tagesordnung sind. Der u. a. daraus resultierende digitale Stress führt nach den aktuellen Studienergebnissen zu einem erhöhten Burnout-Risiko. Die Kolleg*innen an den Hamburger Schulen sind hochgradig bereit, sich im Bereich der Digitalisierung einzusetzen. Sie müssen aber zeitlich, technisch und konzeptionell besser ausgestattet werden. Nur so können sie die pädagogischen Bedürfnisse der Schüler*innen im Rahmen der Digitalisierung in den Mittelpunkt stellen. Die Schulbehörde muss endlich nachlegen, um die Hürden und Ungerechtigkeiten zu überwinden, die nicht nur die Belastungen für die Lehrkräfte erhöhen, sondern auch die Zukunft einer digitalen Bildung und gerechten Teilhabe der Schüler*innen gefährden“, so Yvonne Heimbüchel, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hamburg.
Um die digitale Kluft zu überwinden und die Lehrkräfte an Hamburgs Schulen zu entlasten, fordert die GEW:
- Standards für eine digitale Infrastruktur an Schulen und für die Ausstattung von Schüler*innen und Lehrkräften sowie eine gerechte Nachsteuerung,
- eine ausgewiesene Digitalisierungszeit, d. h. Entlastung zugunsten informeller Lerngelegenheiten und Erfahrungsaustausch unter den Lehrkräften,
- Beratung und Unterstützung von Schulleitungen und Kollegien bei der Entwicklung sinnvoller und schulspezifischer Medienbildungskonzepte,
- die Gewährleistung eines professionellen technischen Supports in den Schulen, um Unzuverlässigkeiten zu überwinden und den Zwang, sich gegen technische Ausfälle absichern zu müssen, zu reduzieren.
Das Arbeitspapier findet sich im Anhang.
Hintergrund:
Mehr als 1.000 Hamburger Lehrkräfte aus Stadtteilschulen und Gymnasien haben während des gesamten zweiten Halbjahrs des Schuljahres 2023/2024 aktiv an der Studie teilgenommen und ihre Arbeitszeit dokumentiert. Mit ihrem freiwilligen Engagement unterstützten sie eine wissenschaftliche Analyse der Arbeitsbelastung von Hamburger Lehrkräften durch die Kooperationsstelle der Universität Göttingen. Die Arbeitszeitbelastung durch unterschiedliche Tätigkeiten, das Verhältnis von Soll-Vorgaben und realen Arbeitszeiten und die Verteilung der Belastung unter den Lehrkräften sollte dokumentiert werden, um Daten für eine Diskussion über Fehlsteuerungen und Ansatzpunkte zur Entlastung zur Verfügung zu stellen.
Bis die Arbeitszeitbefunde im Sommer 2025 vorliegen, werden in Arbeitspapieren weitere Aspekte der Arbeitsbelastung von Lehrkräften thematisiert. Dazu wurden 1.090 Lehrkräfte zu ihrer Arbeitssituation sowie zum Stand der Umsetzung des digitalen Lehrens und Lernens an ihrer Schule befragt. Die Umfrage fand in zwei Teilen im April und August 2024 statt. Mit Hilfe der Arbeitspapiere können die aus den aktuellen Anforderungen resultierenden Arbeitsbelastungen und das Niveau des digitalen Stresses bei der Arbeit beleuchtet werden.