Beim diesjährigen Fachtag der GEW Hamburg für das pädagogische und therapeutische Fachpersonal (PTF) an Schulen am 19. Juni stand eines fest: Die Belastungen der Kolleg*innen nehmen zu, der Handlungsdruck steigt. Die GEW Hamburg fordert konkrete Verbesserungen in drei zentralen Bereichen: Vertretungspraxis, Altersentlastung und gerechte Bezahlung.
Vertretung frisst Facharbeit
Eigentlich darf das PTF laut Schulbehörde nur „im äußersten Notfall“ Unterricht vertreten – doch die Realität sieht anders aus: „20 Stunden und mehr Unterrichtsvertretung pro Woche sind keine Einzelfälle“, so Bodo Haß, stellvertretender Vorsitzender der GEW Hamburg. „Diese massive Zweckentfremdung lässt keine Zeit mehr für die eigentliche Arbeit. Damit wird Schulsozialarbeit ausgehöhlt.“ Die GEW fordert seit Langem eine systematische Erhebung der tatsächlich geleisteten Vertretungsstunden – der Fachtag zeigte erneut, wie notwendig diese Transparenz wäre.
Altersentlastung – auch für PTF!
Ein weiterer Brennpunkt: Entlastung im Alter. Während Lehrkräfte ab 60 Jahren Arbeitszeitreduzierungen erhalten können, ist das für Erzieher*innen, Sozialpädaog*innen und schulische Ergo- und Physiotherapeut*innen bisher nicht vorgesehen. Dabei arbeiten viele Kolleg*innen bis zu 36 Wochenstunden in Gruppen von über 20 Kindern – unter hohem Lärmpegel und oft ohne Rückzugsräume. Kein Wunder, dass in diesen Berufsgruppen die Krankheitsquote besonders hoch ist. „Die GEW fordert eine Veränderung der Dienstanweisung, um zumindest die Arbeitsanteile zu verschieben – mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung, weniger Zeit in belastenden Gruppensituationen“, erklärt Haß. „Das wäre ein erster Schritt, die Kolleg*innen gesund zu erhalten. Weitere Maßnahmen in Richtung alternsgerechter Arbeitsbedingungen müssen dringend folgen. Ich appelliere dabei dringend an die Fürsorgepflicht der Behörde gegenüber dem pädagogischen und therapeutische Fachpersonal.“
Gleiche Arbeit, ungleiche Bezahlung
Auch die Bezahlung war ein zentrales Thema des Fachtags. Die tarifliche Entwicklung lässt (viele) einzelne Berufsgruppen im PTF zurück – vor allem die Ergo- und Physiotherapeut*innen. In multiprofessionellen Teams, in denen gleiche oder ähnliche Aufgaben übernommen werden, entstehen so gravierende finanzielle Ungleichheiten. Die GEW wird diese Ungleichbehandlungen in den kommenden Tarifverhandlungen lokal in HH und auf Bundesebene auf die Agenda bringen. „Schulische Therapeut*innen arbeiten pädagogisch. Sie müssen deshalb genauso bezahlt werden, wie ihre Erzieherkolleg*innen. Eine Schlechterstellung der Therapeut*innen ist durch nichts gerechtfertigt – sie sind Teil des Sozial- und Erziehungsdienstes an Schulen!“, so Haß weiter.
Viele Kolleg*innen bemängelten auch die ungleiche Bezahlung der multiprofessionellen Teams bei komplett gleichen Aufgaben, wie z. B. dem Fahren auf Klassenreisen. „Klassenreisen sind wichtige Erlebnisorte im Schulleben. Sie können aber nicht auf dem Rücken der Kolleg*innen durchgeführt werden. Hier gibt es in vielerlei Hinsicht, auch im Sinne des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, Handlungsbedarf.“
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Befragung gestartet – Praxisbeispiele geben Hoffnung
Parallel zum Fachtag startete die GEW Hamburg ihre Befragung zu psychosozialen Belastungen im PTF-Bereich. Viele Teilnehmende machten sofort mit – ein deutliches Zeichen für den Bedarf. Trotz der geschilderten Probleme gab es auch positive Beispiele: Schulen, in denen Vertretung klar geregelt ist und in denen aktive GEW-Betriebsgruppen und engagierte Personalräte die Mitbestimmung einfordern. Haß: „Es gibt gute Ansätze – aber sie brauchen Raum zur Entfaltung. Wir wollen den Austausch über gelungene Praxis der Umsetzung von Schulsozialarbeit, Inklusion, Ganztagspädagogik und schulischer Ergo- und Physiotherapie ausbauen und Gelingensbedingungen für eine gesunde Arbeitsplatzgestaltung ermitteln. An alle Kolleg*innen deshalb der Appell: beteiligt euch an der Umfrage.“
Die GEW Hamburg wird die Ergebnisse der Befragung auswerten, Forderungen schärfen – und die Arbeitsbedingungen des PTF weiterhin ganz oben auf der Agenda halten.
Foto: GEW Hamburg

