„Täterprofile“ – die Biografien der wichtigsten Personen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz sind das Ergebnis einer jahrzehntelangen Forschungsarbeit von Dr. Hans-Peter de Lorent. Gestern stellte er vor knapp 200 Anwesenden den dritten und letzten Band im Curiohaus vor. Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit Grußworten von Fredrik Dehnerdt, GEW Hamburg, Sabine Bamberger-Stemmann, Landeszentrale für politische Bildung und Thorsten Altenburg-Hack, Landesschulrat.
Ab Donnerstag, 16. April 2019, ist das Buch „Täterprofile III“ gegen eine Bereitstellungspauschale von je 3,- Euro im Infoladen der Landeszentrale erhältlich.
Das Grußwort der GEW findet sich unten.
Grußwort Buchvorstellung Täterprofile 3 am 15.4.2019
Fredrik Dehnerdt, stellvertretender Landesvorsitzender GEW Hamburg
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Bamberger-Stemmmann, lieber Herr Altenburg-Hack, lieber Hans Peter De Lorent,
ich bin Fredrik Dehnerdt, stellv. Vorsitzender der GEW Hamburg, und begrüße sie und euch ganz herzlich zu dieser Veranstaltung, auf der Hans Peter de Lorent – im folgenden Delo genannt – seinen Band 3 der Täterprofile vorstellt.
Als Bildungsgewerkschaft im DGB leben wir nicht in einem Elfenbeinturm, sondern beziehen immer wieder klar Stellung auch zu gesellschaftspolitischen Themen. Das schließt Gedenken und Erinnern ein. Mehr noch: Als GEW verstehen wir Gedenken und Erinnern als gewerkschaftliche Aufgabe.
Für uns steht fest: Das unermessliche Leid und das Grauen, das die beiden Vernichtungskriege und die Schreckensherrschaft der Nazis über die Menschen gebracht haben, dürfen sich nie wiederholen. Deshalb müssen wir unser Bekenntnis zu Frieden, Demokratie und Freiheit immer wieder erneuern. Und deshalb unterstützen wir die jährlichen Ostermärsche und das jährliche Gedenken u.a. am Antikriegstag, aber auch am 9.11.
Was heißt das darüber hinaus für uns als Bildungsgewerkschaft? Was heißt Gedenken und Erinnern als gewerkschaftliche Aufgabe?
Erstens: Als GEW verstehen wir Friedenserziehung als pädagogische Aufgabe.
Pädagoginnen und Pädagogen, so die Position der GEW, sind in besonderer Weise gefordert, sich in den Bildungseinrichtungen mit den verschiedenen Formen von Rassismus auseinanderzusetzen. Der pädagogische Auftrag lautet, Werte wie Gleichberechtigung, Respekt und Solidarität zu vermitteln und junge Menschen über die Gefahren gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und extremistischer Strömungen aufzuklären.
Zweitens: Als GEW verknüpfen wir Gedenken und aktives Eintreten gegen rechts.
Denn: Erinnern bedeutet, für die Gegenwart und für die Zukunft zu lernen.
Wir betonen die Bedeutung einer lebendigen Erinnerungskultur für die Demokratie. Völkisches und nationalistisches Denken werden wieder stärker, rechtspopulistische Stimmungsmache sowie rassistische Hetze und Gewalt nehmen in Deutschland und Europa zu: Auch deshalb muss die Erinnerung an die NS-Verbrechen wach gehalten werden.
Rechtspopulistische Gruppierungen vertreten nicht nur eine reaktionäre Politik und bedienen und befeuern in ihrem politischen Handeln gefährliche Ressentiments, sie stehen auch programmatisch sämtlichen Zielen und Aufgaben der GEW diametral entgegen. Mit Gruppierungen, die die Gleichheit aller Menschen bestreiten, kann man nicht in den Dialog treten, sondern man muss ganz klar Gegenpositionen beziehen. Das ist Aufgabe der Gewerkschaften und auch der GEW.
Das gilt auch und insbesondere ganz aktuell, angesichts der Angriffe der AfD Fraktion Hamburg auf die politische Bildung an Hamburger Schulen. Alle hier engagierten Kolleginnen und Kollegen haben unsere ausdrückliche Unterstützung!
Drittens: Als GEW kehren wir auch vor der eigenen Tür.
Im Kontext der Diskussionen um die Rolle Max Traegers, des ersten Bundesvorsitzenden sowie Vorsitzenden der Gesellschaft der Freunde und der GEW Hamburg hat die GEW beschlossen, sich mit weiteren Fragen ihrer eigenen Geschichte zu beschäftigen. Dieses Projekt wurde mittlerweile – in Zusammenarbeit mit dem Verantwortlichen der Kulturbehörde für Gedenkkultur, der Forschungsstelle für Zeitgeschichte an der Uni Hamburg sowie engagierten GEW-Mitgliedern – auf den Weg gebracht. Das heißt: Wir sind aktiv auch im eigenen Haus und betreiben die Aufarbeitung der Geschichte der GEW und ihrer Vorläuferorganisationen. Die GEW will sich ihrer Vergangenheit stellen und ist auch bereit, Konsequenzen zu ziehen.
Vor diesem Hintergrund freue ich mich sehr, dass Delo hier und heute den dritten Band der "Täterprofile" der Öffentlichkeit präsentiert.
Delo war von 1980 bis 1986 Chefredakteur der Hamburger Lehrerzeitung hlz. Von 1990 bis 1996 war er Landesvorsitzender der GEW Hamburg und ist unserer Organisation noch immer sehr verbunden – und wir ihm. In der hlz veröffentlicht er regelmäßig und seit vielen Jahren Nazibiographien, die auch die Grundlage der Reihe „Täterprofile“ bilden.
Mit den nun vorliegenden dritten Band wird ein Projekt abgeschlossen, das vor ungefähr 40 Jahren damit begann, personenbezogene Daten von denjenigen zu sammeln, die in Hamburg während der NS-Zeit im Bildungsbereich eine führende oder besondere Rolle gespielt haben.
Das Ziel des Verfassers war und ist es dabei, zu verstehen und nachzuzeichnen, was die jeweiligen Personen in den zwölf Jahren des „Tausendjährigen Reiches“ gemacht hatten, wie ihre Entwicklung bis dahin gewesen war, wie ihre Karriere verlief und wie sie sich nach 1945 erklärten, verteidigten, herausredeten. In drei Bänden sind mittlerweile 180 Biografien veröffentlicht, die einen tiefen Einblick in die Zeit des Hamburger Bildungswesens unterm Hakenkreuz ermöglichen. Erstaunlich und empörend ist, dass mehrere Personen, die aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP oder anderer Naziorganisationen Schulleiter waren, nach 1945 wieder in dieser Funktion eingesetzt wurden.
Diese Empörung zu ermöglichen, auch das ist das Verdienst von Delo.
Lieber Delo, wir freuen uns auf Deine Ausführungen!
Vielen Dank!