Auch unsere Kolleginnen und Kollegen in Harburg zeigen am 1. Mai Flagge - und hatten sich im Vorfeld stark bei der Vorbereitung von Protesten gegen einen geplanten Naziaufmarsch engagiert. Auf der Kundgebung des DGB redete unser geschätzter GEW-Kollege Wolfgang Brand in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender vom DGB-Ortsverband Harburg (Foto). Danke an alle!
Rede von Wolfgang Brand, stellvertretender Vorsitzender vom DGB-Ortsverband Harburg:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Harburger,
wegen der Corona-Pandemie können in diesem Jahr erstmals seit Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Jahr 1949 keine öffentlichen Maikundgebungen stattfinden. Deshalb geht der DGB neue Wege: Unter dem Motto „Solidarisch ist man nicht alleine!“ findet der Tag der Arbeit 2020 bundesweit im Netz statt. Hier in Harburg hat der DGB diese Versammlung angemeldet, weil aufgrund der geplanten Nazi-Kundgebung ein sichtbarer Protest erforderlich ist.
Der DGB fordert zum 1. Mai, konsequenter gegen soziale Schieflagen vorzugehen: Die Hauptlast tragen aktuell Menschen in Berufen, die nicht angemessen bezahlt werden. Das Etikett ‚systemrelevant‘ darf nicht nur eine neue Spielart der Wertschätzung des Pflegepersonals in Sonntagsreden sein, der keine Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Einkommen folgt. Die Lockerungen von Arbeitsschutzbestimmungen sind für diese Menschen ein Schlag ins Gesicht – mehr als 60 Wochenstunden kann niemand leisten, ohne selbst krank zu werden. Von den Arbeitgebern fordert der DGB, das Kurzarbeitergeld tariflich aufzustocken. Wenn die Unternehmen von den Sozialbeiträgen bei Kurzarbeit entlastet werden, muss das auch bei den Beschäftigten ankommen. Viele müssen sonst zum Amt und aufstocken, bevor nach einem halben Jahr die gesetzliche Erhöhung auf 80 Prozent vom Netto greift. Wer im Niedriglohnsektor arbeitet, kann mit 60 bzw. 67% Kurzarbeitergeld nicht über die Runden kommen, selbst wenn die Bezugsdauer erhöht wird. Hier sind die Arbeitgeber in der Pflicht. Es gibt bereits Beispiele von speziellen Tarifverträgen zur sofortigen Erhöhung des Kurzarbeitergelds.
Vor 75 Jahren wurde Deutschland von den Nazis befreit.
Damit endete ein Vernichtungsfeldzug der deutschen Nationalsozialisten, die Millionen von Menschen ermordeten, die nach ihrer Definition nicht zum sogenannten Volkskörper dazugehörten.
In diesem Jahr wurde auch der Zweite Weltkrieg beendet, der ausgehend vom nationalsozialistischen Deutschland mehr als 60 Millionen Tote weltweit verursachte.
Wir sind dazu aufgerufen, all denen entgegenzutreten, die heute diese Verbrechen nicht wahrhaben wollen oder verharmlosen, und die erneut gegen Minderheiten und Andersdenkende Verbrechen verüben.
Wir verurteilen auch politische Strömungen, die mit den gleichen Denkmustern wie die Nazis auf Stimmenfang gehen.
Im Januar 1933 wurde in Deutschland die politische Macht in Deutschland auf Hitler übertragen. Hitler verbot Gewerkschaften. Am 2. Mai 1933 besetzten die Nazis die Gewerkschaftshäuser. Viele Mitglieder der Gewerkschaften wurden verhaftet und ermordet. Streiks wurden verboten. Der 1. Mai zu einem Nazi-Feiertag umfunktioniert.
An diese faschistische Tradition knüpfen heutige Nazis an, wenn sie am Tag der Arbeit zu eigenen Kundgebungen nur für die sogenannten „urdeutschen“ Arbeiter aufrufen. Mit Solidarität und Brüderlichkeit hat das nichts zu tun und führt zu falschen Feindbildern. Alle Menschen werden Brüder heißt es in Schillers Ode an die Freude: Solidarität kennt keine Grenzen.
Foto: (c) Lars Hansen