Bernhard Nette beleuchtet die Ausplünderung von fünf ehemals wohlhabenden jüdischen Familien und die Rolle des Finanzamtes in Hamburg-Bergedorf.
Das Ehepaar Lavy (Fabrikbesitzer) und Frank (Kaufhausbesitzer) konnten 1938 - noch völlig verarmt – fliehen. Das Ehepaar Rosendorff (Apotheker) wurde zusammen mit Tochter und Enkelkind nach ihrer vollständigen Ausplünderung ermordet, ebenso das Ehepaar Tichauer (Zahnärzte) sowie Landesobergerichtsrat Rudolphi.
Der Leiter des Finanzamtes Bergedorf Carl Lindemann unterstützte einerseits die SS finanziell, spürte andererseits wegen seiner "halbjüdischen" Ehefrau die rassische Verfolgung. Er wurde auf seinem Posten belassen, half bei der Ausplünderung und ging sogar über das hinaus, was die Devisenstelle und die Gestapo von ihm verlangten.
Die jüdischen Überlebenden und Nachkommen der Verfolgten trafen in der Bundesrepublik erneut auf „Arisieure“ und die ehemaligen Verfolger im Finanzapparat, die jetzt über ihre Ansprüche auf Restitution und „Wiedergutmachung“ entschieden.
Das ganze Ausmaß der Vernetzung der lokalen "Helfeshelfer" mit dem NS-Terrorapparat wird sichtbar. Das persönliche Erleben der Opfer wird dokumentiert, soweit das noch möglich ist.
„Solche lokalhistorischen Debatten sind für das Verständnis der übergeordneten Problematik … sehr hilfreich, denn sie brechen die Anonymität unbegreiflicher Opferzahlen und kafkaesker Behördenstrukturen auf: Täter und Opfer erhalten plötzlich ein Gesicht, und die Untaten werden im Wortsinn begreifbar.“ (Aus dem Vorwort von Jaromír Balcar).