Fußball vereint nicht nur die Spieler, sondern eine ganze Nation. Vor allem die Fußballfans. Oft sagen sie unter sich: „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“. Für die Sozialarbeiter*innen, die in den Fanprojekten tätig sind, ist es mehr als nur ein Projekt, mehr als nur ein Fußballspiel. Fußball und der Verein des Herzens ist für viele Jugendliche der Lebensmittelpunkt. Sie leben die Fankultur. Für Außenstehende ist das manchmal schwer zu verstehen.
Julian Einfeldt (Sozialarbeiter beim Fanprojekt St. Pauli) sagt: „Wir sprechen nicht die gleiche Sprache. Bei Konflikten wünschen wir uns einen verständnisvollen Umgang aller Parteien“.
Auch für Julian ist eine enge Kooperation und Zusammenarbeit mit anderen Fanprojekten sehr wichtig. Das gilt auch für Ole Schmieder vom Fanprojekt-HSV. Sie wünschen sich, dass ihre Arbeit verstanden und wertgeschätzt wird. „Was wäre Fußball ohne jubelnde Fans? Ohne Zuschauer würde der Profifußball seine gesellschaftliche Bedeutung verlieren.“ Für die Sozialarbeiter*innen ist sicher: „Fans müssen endlich als elementarer Bestandteil des Profifußballs anerkannt und gefördert werden“.
Die Sozialarbeiter*innen sind dabei ein wichtiger Bestandteil, denn sie wirken deeskalierend auf die Jugendlichen, gehen professionell mit schwierigen Situationen um, bewahren stets Ruhe und halten Versprechen ein. Dafür ist eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung notwendig und die Fans brauchen die Sicherheit, dass alles, was die Sozialarbeiter*innen von den Fans erfahren, nicht weitergegeben werden darf.
Ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit ist die Begleitung der Jugendlichen zu den Spielen. Im „Fanhaus“ von Ole Schmieder und seinem Team ist „immer viel los“. Die Aufgaben und Ziele der Fanprojekte sind im Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) verankert.
Soziale Arbeit braucht Vertrauen
Im Vordergrund steht die Entwicklung und Umsetzung eines friedlichen Miteinanders und gewaltfreier Konfliktlösungen im Fußballkontext; die Eindämmung, Verminderung und Verhinderung jeglicher Form von Gewalt, auch im Vorfeld (Gewaltprävention).
Die Vermittlung und das Vorleben demokratischer und humanitärer Prinzipien und Werte sind wichtig. Auch zum Abbau von extremistischen Orientierungen, Vorurteilen und Feindbildern bei Fußballfans beizutragen; sich gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung einzusetzen.
Staatlich anerkannte Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen haben eine Schweigepflicht nach § 203 Strafgesetzbuch. Verstöße werden mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet. Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen haben jedoch kein Schweigerecht - ein sogenanntes Zeugnisverweigerungsrecht für Berufsgeheimnisträger nach § 53 Strafprozessordnung, mit dem die Aussage in einem Strafprozess gegen einen Fan verweigert werden kann.
Die Sozialarbeiter*innen haben eine große Verantwortung zu tragen! Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Jugendhilfe. Ihre Arbeit ist heute wichtiger denn je.
Aktuell zeigt ein Fall in Karlsruhe, dass die Arbeit von Sozialarbeiter*innen als Berufsgeheimnisträger*innen massiv behindert wird. Was ihnen im Rahmen ihrer Arbeit anvertraut wird, darf nicht ohne weiteres weitergegeben werden. Vor der Strafkammer ist das derzeit anders. Hier müssen sie aussagen, wenn sie als Zeugen geladen werden.
Soziale Arbeit braucht Vertrauen. Diese Arbeitsgrundlage wird hier gestört.
Die GEW hat sich dem bundesweiten Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht angeschlossen. Es braucht eine Reform des § 53 StPO durch Aufnahme der Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit.
Varsenik Vardanyan, Referentin Kinder und Jugendhilfe der GEW Hamburg
Foto: Fanprojekt St. Pauli