Damit hatten wohl selbst die Initiator_innen, die frisch gewählten Vorstandsmitglieder der neu in der GEW gebildeten Fachgruppe PTF, nicht gerechnet: Ihr Ruf, sich über die Senatspläne in Sachen Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen zu beraten, trieb weit über 80 Mitglieder ins Curio-Haus.
Unabhängig davon, dass man bei den Ankommenden jene Frische spürte, die wohl mit neuen Aufgabenfeldern in ihrer jeweiligen Profession in Verbindung mit Ganztagsbeschulung und Inklusion bis zur Flüchtlingsbetreuung zu bringen ist, sind es wohl auch die vielen Unklarheiten und daraus resultierenden Unsicherheiten, die so etwas wie Widerstandswillen signalisierten.
Hintergrund der Aufgeregtheit ist ein Entwurf einer Dienstzeitregelung für das PTF. Aus der Sicht des Senators scheint es plausibel, wenn er sagt, ihm gehe es darum, dass möglichst viele Stunden ‚am Kind‘ zu leisten seien. Konkret stellt er sich vor, dass dies 80 Prozent der gesamten Arbeitsleistung ausmachen soll. Diese Vorstellung ist nicht nur forsch, sondern sie zeigt, dass der Senator sich bislang wenig damit beschäftigt hat, was denn so im Einzelnen die Mitarbeiter_innen machen, die unter das Label PTF fallen. Es sind nämlich mindestens zehn verschiedene Professionen, die von Heil-, Sprach- und Ergotherapeut_innen bis hin zu unterrichtlicher Betreuung von Kindern mit sonderpädagogischem Betreuungsbedarf, so ja die offizielle Bezeichnung, reichen. Diese, so sticht es dem Berichterstatter ins Auge, über einen Kamm zu scheren, scheint entweder Arroganz oder Ignoranz geschuldet zu sein.
80 Prozent am Kind, so ein Sozialarbeiter an einer Stadtteilschule, wäre allein technisch schwierig zu bewerkstelligen, weil die Schule diese Zeiten gar nicht zur Verfügung stellt, denn man geht natürlich wegen der Ferien beim PTF, ähnlich wie bei Lehrer_innen, von einer Wochenarbeitszeit von 45,57 Stunden aus.
Neben diesen dem Schulalltag widersprechenden Bedingungen ging es vielen der Anwesenden darum, deutlich zu machen, dass ihre jeweilige Fachlichkeit gewürdigt gehört und sich dies auch in einer individuellen Arbeitszeit niederschlagen müsse. Fachlichkeit - das bedeute gleichzeitig Anerkennung und Wertschätzung der jeweiligen Profession. Dass dabei auch die Schulleitungen noch Lernbedarf haben, war nicht zu überhören.
Nun kann der Senator seine Ideen aber nicht nach Gutsherrnart durchsetzen, sondern eine Dienstzeitregelung verlangt grundsätzlich das Einverständnis des Gesamtpersonalrats (GPR). Der GPR, so der anwesende Verhandlungsführer Matias Töpfer, hat dazu bereits von über 20 Schulen sehr differenzierte Angaben über die konkreten Arbeitszeiten in den verschiedenen Einsatzbereichen erhalten. Er forderte die Anwesenden noch einmal auf, der GEW und dem GPR Angaben über die tatsächlichen und pädagogisch sinnvollen Arbeitszeitanteile ‚am Kind‘ zu nennen, um mit einer soliden Datenbasis in die Verhandlungen gehen zu können.
Die ebenfalls anwesende Referentin der GEW für Tariffragen, Birgit Rettmer, ergänzte, dass man seitens der GEW alles in Bewegung setzen wolle, um letztlich ein Ergebnis zu erzielen, das die Besonderheiten der Berufsgruppe in allen ihren Facetten berücksichtige. Birgit machte als Gewerkschafterin deutlich, dass sie damit rechne, dass die Auseinandersetzung nicht nur Zeit, sondern von allen Beteiligten auch eine Portion Widerstandswillen erfordere. Es brauchte somit nicht der besonderen Betonung, dass ein erfolgreiches Verhandlungsergebnis nicht zuletzt auch vom Engagement der Beteiligten abhängt. Die Stimmung im Saal auf jeden Fall signalisierte nichts Gegenteiliges.
Joachim Geffers
Foto: hlz