In Griechenland eine Legende, in Deutschland nur wenigen bekannt: Am 30. Mai 1941 holten der damals 18jährige Manolis Glezos und sein Freund Apostolos Sandas die wenige Wochen zuvor von der Deutschen Wehrmacht gehisste Hakenkreuzfahne von der Akropolis und zogen wieder die blau-weiße Griechenlands auf. Beide wurden in Abwesenheit zum Tod verurteilt. Auch nachdem er gefangengenommen und gefoltert worden war, blieb Manolis Glezos im Widerstand, zunächst gegen die deutsche Besatzung, von der 1944 sein jüngerer Bruder hingerichtet wurde, danach im Bürgerkrieg gegen die von England unterstützten Königlich- Konservativen, die bereits mit den Deutschen kooperiert hatten. Ein weiteres Todesurteil 1948, aufgrund internationaler Proteste umgewandelt in lebenslange Haft, hält ihn nicht davon ab seinen Weg weiterzugehen. Unter dem Regime der Obristen in Athen 1967 – 74 wird er erneut interniert – insgesamt bislang 11 Jahre seines Lebens.
Der heute 93jährige Manolis Glezos kommt zu uns als EU-Abgeordneter der seit dem 25. Januar amtierenden Syriza-Regierung in Athen. »Die deutschen Kriegsschulden sind noch nicht beglichen« – das wird auch Teil seiner Ausführungen im Hamburger Rathaus sein. »Gerechtigkeit, nicht Rache«, schrieb er vor einem Jahr in seinem Offenen Brief an Bundespräsident Gauck, aber endlich sei »die Stunde gekommen, dass die Bundesrepublik mit Taten ihre Schuld gegenüber dem Opfer des griechischen Volkes anerkennt, einem Opfer, das in hohem Maße dazu beigetragen hat, nicht nur Europa, sondern auch Deutschland selber vom Joch der Naziherrschaft zu befreien. «Das sei nicht nur für ihn »eine ethische Frage, eine Frage der Wiederherstellung des Rechts.« Wir stimmen Manolis Glezos zu: Es wird sich als Illusion erweisen, Politik unter Missachtung geschichtlicher Voraussetzungen dauerhaft durchsetzen zu können. Wir fragen mit Manolis Glezos: Was ist das für ein Europa, in dem die Völker gegeneinander ausgespielt werden, in dem nicht die Menschen, sondern die Banken gerettet werden?
Heute die Griechen – morgen wir.